Freiheitsberaubung!?

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Die EU verbietet ab Juli 2005 direkte und indirekte Werbung für Tabakprodukte. Gegner sehen darin den Anfang vom Ende der Pressefreiheit.

Vierundzwanzigster August 2003. Fernando Alonso gewinnt überraschend den Formel 1 Grand Prix von Ungarn. Bei der anschließenden Siegesfeier fehlte weder die obligatorische Sektdusche noch das dem Formel 1 Liebhaber bekannte Marlboro-Logo im Hintergrund. Doch das Siegerfoto wurde der französischen Zeitung Sud Ouest in Bordeaux fast zum Verhängnis. Eine Anti-Raucherkampagne klagte das Blatt, da auf dem Bild der Name des Zigarettenherstellers eindeutig erkennbar war. Der Vorwurf der "indirekten Werbung" reichte aus, ein französisches Gericht verurteilte die Regionalzeitung in erster Instanz.

Bedrohte Pressefreiheit

Was in Frankreich bereits teilweise praktiziert wird, muss auch in Österreich bis spätestens Juli 2005 gesetzlich verankert sein. Ein absolutes Verbot der Werbung für Tabakprodukte. Die EU-Richtlinie unter der Federführung von Gesundheit- und Verbraucherschutzkommissar David Byrne definiert Werbung jedoch recht umfassend als "jede Art kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern." Neben einer Klage der deutschen Bundesregierung beteiligt sich nun auch ein österreichischer Verlag an der Klage des deutschen Kreuzer Verlages gegen diese Richtlinie beim Europäischen Gerichtshof. Der Falstaff-Verlag, verantwortlich für Magazine wie European Cigar-Cult, einer Fachzeitschrift für Zigarrenraucher, sieht in der Richtlinie die Pressefreiheit "ernstlich bedroht". Neben der Klage gibt es noch weitere Initiativen: Gemeinsam mit dem Verein für freien Zugang zur Information (VFZI), dem Gewerbeverein, dem Verband der Cigarren- und Pfeifenfachhändler Österreichs (VCPÖ) wurde die Plattform Toleranz, Freiheit & Genuss gegründet. Eine Unterschriftenaktion mit dem Titel "Nein zur Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit durch die EU" liegt noch bis zum 15. Juli in den österreichischen Trafiken auf. "Die große Hoffnung, die EU zu einer Änderung zu bewegen, haben wir nicht", meint Herwig Kainz, Generalsekretär des VFZI. Es gehe darum, "die Bevölkerung zu sensibilisieren. Es kann nicht sein, dass man über legale Produkte nicht mehr reden darf."

Den Vorwurf, die Pressefreiheit würde eingeschränkt, lässt die EU-Kommission nicht gelten. Deren offizieller Vertreter in Österreich, Karl Georg Doutlik, sieht in der Richtlinie nur ein Verbot der Werbung. "Eine Einschränkung der Berichterstattung lässt sich daraus nicht ableiten". Er gesteht aber auch ein, dass es in besonderen Fällen wie Zigarrenmagazinen durchaus Grauzonen gibt.

Ein weiterer Kritikpunkt der Plattform ist die gleiche Behandlung von Zigaretten und Zigarren, beziehungsweise Pfeifenrauchern. "Es gibt keine angemessene Differenzierung zwischen Gebrauch und Missbrauch von Genussmitteln", beklagt Klaus Fischer, Präsident des VCPÖ. "Nicht der maßvolle Genuss, sondern der Missbrauch von Tabakprodukten schädigt. Der Unterschied liegt in der Dosis". Für Doutlik ergeben sich keine wirklichen Unterschiede. " Es gibt ja auch jede Menge Erkrankungen, die nicht direkt die Lunge betreffen und im Mundhöhlenbereich entstehen können." Werbeverbote hätten grundsätzlich eine positive Wirkung: "Wenn man nicht täglich damit konfrontiert wird, ist es zumindest eine positive Facette. Die Raucherquote wird zwar dadurch nicht bei null Prozent liegen, die Verlockung wird aber reduziert."

Positive Wirkung

Vorbeugende Wirkung um Jugendliche vom Rauchen abzuhalten? Auch daran glaubt die Plattform nicht. In einer Presseaussendung spricht sie sogar davon, dass die Warnhinweise auf den Packungen eine gegenteilige Wirkung haben sollen: "Sätze wie Raucher sterben früher, Rauchen verursacht Krebs, usw. befehlen dem Unterbewusstsein gleichsam, dies in die Tat umzusetzen. So ist tatsächlich zu befürchten, dass bei einer enormen Zahl von Rauchern diese Suggestionen erst jene Krankheiten auslösen werden, vor denen sie eigentlich geschützt werden sollten."

Neben dem Kampf für die Presse- und Meinungsfreiheit steht auch ein wirtschaftlicher Aspekt hinter der Initiative. "Durch Werbe- und Informationsverbote werden Marktanteile einzementiert, Informationen über neue Produkte und sinnvolle Innovationen werden dagegen verhindert", gibt Fischer zu bedenken. Fixe Marktanteile sind möglicherweise auch ein Grund, warum sich die großen Tabakkonzerne eher verhalten zum Thema Werbeverbot äußern.

Dass solche Verbote auch auf Alkohol und andere Genussmittel ausgedehnt werden sollen, weist Kommissionsvertreter Doutlik zurück: "Derzeit gibt es keine Pläne, in der Richtung etwas zu machen."

Inwieweit die redaktionelle Berichterstattung nun beeinträchtigt wird, wird sich ab Juli 2005 zeigen. Solange gibt es - ganz im Sinne der Meinungsfreiheit - ein breites Spektrum an Interpretationen.

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