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Das Schweigen dauert an

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Wie schon in seinem letzten Streifen „Persona“ sucht Schwedens Meisterregisseur Ingmar Bergman auch in seinem neuesten Opus „Die Stunde des Wolfs“ die Seelenzustände von Angst und Neurosen gepeinigter Menschen zu ergründen. Wie immer steht ihm dabei sein bewährtes Darstellerteam zur Seite, das für ihn und seine thematische Konsequenz schon charakteristisch geworden ist. Denn Bergman geht bei seinem Versuch, die Unmöglichkeit einer absoluten zwischenmenschlichen Verständigung deutlich zu machen, so weit, daß er die einzelnen Rollen mit denselben Darstellern besetzt und ihnen sogar dieselben Namen gibt wie in seinem vieldiskutierten Streifen „Persona“. Es ist wahrscheinlich gar nicht die Absicht Bergmans, „verstanden“ zu werden, denn er ist auf der Suche nach einer Möglichkeit, Vorgänge, Gedanken, Reflexionen, Wahnvorstellungen sichtbar zu machen, die nun eben nicht sichtbar zu machen sind. Oder wenn, dann nur in einer sehr subjektiven Vorstellung, die absolut nicht der Vorstellung dessen entsprechen muß, der den Film dann sieht.

Bei diesem Unterfangen aber läßt sich Bergman keine filmgestalterischen Möglichkeiten entgehen. Und hier erweist sich schon der Vorteil des Bergman-Ensembles, das vom Kameramann Sven Nykvist bis zu den Darstellern Max von Sydow, Liv Ullman und Ingrid Thulin auf di Interventionen des Regisseurs gleichsam „eingeschlossen“ ist und so jede Nuance großartig herausarbeiten kann. Was Bergman hier zeigt, sind Menschen mit ihren Schrullen und Eigenheiten, die in den Wahnvorstellungen eines geplagten Geistes teuflische Fratzen annehmen. Diesen Effekt vermittelt die meisterhafte Kameraarbeit (allein die raffinierte Lichtgestaltung läßt Menschen nur noch zu Schemen, Konturen, Fratzen, Nachtmahren werden) in Zusammenarbeit mit einer Regieleistung, die es versteht, den Zuschauer trotz der diffizilen Thematik von der ersten bis zur letzten Sekunde zu packen, mitzureißen und zu erschüttern. Einen Ausweg aus dem Dilemma weiß Bergman allerdings wieder nicht, sein Rezept ist — Trostlosigkeit.

Dagegen hat Roman Polanski, dessen bisherigen Filme („Das Messer im Wasser“, „Ekel“, „Wenn Kattelbach kommt“) eher dazu angetan waren, das Publikum zu schockieren, in seinem neuesten Streifen „Tanz der Vampire“, ein Thema gewählt, das schon so alt ist wie die siebente Kunst selbst: Gruselfilm. Aber was Polanski hier an Hand einer herkömmlichen Dracula-Story vorexerziert, ist eine derart gelungene Parodie, voll unzähliger Anspielungen und schwärzesten Humors, daß man aus dem Lachen nicht herauskommt. Dabei artet Polanskis Film selten in Klamauk aus, er übersteigt nur alle Elemente bisheriger Vampirfilme um jenes Maß, das genügt, um eine Sache ins Groteske zu verkehren. Dabei liegt der Hauptreiz des Ganzen weit weniger im Dialog, sondern in der optischen und darstellerischen Gestaltung. Jack MacGowran und Polanski selbst sind ein einmaliges Gespann furchtloser Vampirtöter (der Film heißt ja im Original „The Fearless Vampire Killers“ und Douglas Slocumbe hat seine schaurig-schönen Bilder dem Klischee bewährter Gruselstreifen geschickt angepaßt. Mit einem Wort: ein herrliches Grusel vergnügen!

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