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Das „Filzpatsdienproletariat”

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Sieht man von den intellektuellen Merkmalen Dr. Kreiskys ab, kann man bemerkenswerte Parallelen zwischen ihm und seinem Kärntner Landesfürsten Hans Sima erkennen. Beide sprechen nicht vom Sozialismus, sondern nur — dafür um so lieber — vom Sozialdemokratismus. Und was für Kreisky die Genossen Czemetz und Kindels und der VSStö, sind für Sima Genosse Zwitter und die Jung-Slowenen.

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Sieht man von den intellektuellen Merkmalen Dr. Kreiskys ab, kann man bemerkenswerte Parallelen zwischen ihm und seinem Kärntner Landesfürsten Hans Sima erkennen. Beide sprechen nicht vom Sozialismus, sondern nur — dafür um so lieber — vom Sozialdemokratismus. Und was für Kreisky die Genossen Czemetz und Kindels und der VSStö, sind für Sima Genosse Zwitter und die Jung-Slowenen.

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Einen Unterschied zwischen diesen beiden Politikern gibt es freilich: Hatte György Sebestyėn den Wahlsieg Bruno Kreiskys edn „erstes sichtbares Zeichen des Aufbruchs der neuen Bourgeoisie” genannt, so gab es bei Sima nie einen Zweifel daran, daß er eher ..bourgeois” als ..sozialistisch” denkt. Die „neue Bourgeoisie” hält in der Kärntner SPÖ seit mindestens zwei Jahrzehnten das Ruder fest in der Hand.

Trotzdem scheint Sima in seiner Parteiorganisation weniger ideologischer Kritik ausgesetzt zu sem, als sein Partedchef Kreisky. So nahm man es nahezu kritiklos hin. daß der Landesvertrauensmann und Landeshauptmann in seinem Herrschaftebereich den linksorientierten „Verband Sozialistischer Mittelschüler (VSM)” unter dem Vorwand der „Absage an den Extremismus” vor die Tür setzte, nachdem dort nicht mehr ein Parteikind (sprich Sohn eines SP-Politi-kers), sondern der Sohn des Obmannes des — so sagt man — linksorientierten „Zentralverbandes der Kärntner Slowenen”, Dr. Fraci Zwitter, zwar nicht die VSM-Obmannstelle, dafür aber doch das Kommando übernehmen konnte. Die Stillegung des VSM wurde sowohl vom diskussionsentwöhnten „Filzpatschenproletariat” und noch mehr vom nach dem Krieg zu einem Sammelplatz der „Nationalen” gewordenen Kärntner BSA, den der ehemalige VP-Landesrat Dr. Alois Kiarisch anläßlich einer Landtagsdebatte einen „roten Sadc voller brauner Würmer” genannt hatte, freudigst akklamiert. Der Geist, der in der Kärntner SPÖ herrscht, wird aber noch deutlicher aus dem Inhalt einer Rede ersichtlich, die der SP-Landespartedsekretär und vermutliche Sima-Nachfolgier LR Wagner bei der letzten VSM-Hauptversamm-lung am 17. Oktober 1970 hielt. Der Landesparbeisekretär miednte, es wäre „in Kärnten überflüssig, um den Sozialismus zu kämpfen”, da ohnehin „alle wichtigen Institutionen in Händen von Sozialdemokraten” wären. Weiters distanzierte er sich von den sozialistischen Theoretikern Otto Bauer und Max Adler, deren Kritik an der Sozialdemokratie er „veraltet” nannte.

Tito -kommunistisch?

Wagner, der einige VSM-Mitglieder beaichtigibe, „kommunistischie Ausdrücke” zu gebrauchen, war dafür nicht in der Lage, dem linken Parted-nachwuchs eine Definition dessen zu liefern, was er unter „kommunistischen Tendenzen” versteht. Sehr heifitig reagierte auch schon Landeshauptmann Sima vor einem Jahr auf eine Fragte in einem TV-Interview bezüglich der weltanschiau-lichen Orienitierung des Zenitralver-bandes der Kärntner Slowenen, die eine Wahlempifehlung für die SPÖ abgegeben baitten. Sima woUite mit „aller Entschdedienheiit” festgiesteUt haben, daß lihm keine ttto-kommuni-stischen Sitimmien zu seiner aibsolu-ten Mehrheit verhoMen hätten. In der Druckerei dieses Zentralverbandes mit seinem Obmann Dr. Zwitter, der SPÖ-Mitglied ist, wird jedoch kostenlos die von Jung-Slowenen und ehemaligien VSM-Mitgliedem herausgegebeneZedtechrift „Kladivo” (Hammer) hergestellt. Mit diesem „Hammer” führte man im Jänner wieder einmal einen Tiefschlag gegen die Kärntner SPÖ, indem man anzweifelte, ob diese Partei „wirklich nodi eine Partei des arbeitenden Menschen” sei. Zwitter scheint solche Kritik absolut förderungswürdig zu sein, obwohl auch er einen Angriff wegen sedner Behauptung, die SPÖ sei „immer noch eine demokratische Partei” einstecken mußte. Sima ignoriert solche Anschüsse ebenso wie Kreisky seine Unken Gegner — wenigstens in der Öffentlichkeit — übersieht. So sind beiden traditionelle SP-Wähler ebenso sicher wie die neue Bourgeoisie.

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