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„Kleiner Hut'

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„Volkstümliche Landes- und Kommunalpolitiker gesucht. Meldungen erbeten an Sozialistische Partei, Wien I, Löwel-staße 18.“ So oder ähnlich könnte ein Inserat lauten, das die Sozialistische Partei nach ihren Wahlschlappen bei den Regional-und Kommunalwahlen der letzten Zeit aufgeben kann. Wenn es diese Möglichkeit gäbe! Aber so einfach ist das vermutlich nicht.

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„Volkstümliche Landes- und Kommunalpolitiker gesucht. Meldungen erbeten an Sozialistische Partei, Wien I, Löwel-staße 18.“ So oder ähnlich könnte ein Inserat lauten, das die Sozialistische Partei nach ihren Wahlschlappen bei den Regional-und Kommunalwahlen der letzten Zeit aufgeben kann. Wenn es diese Möglichkeit gäbe! Aber so einfach ist das vermutlich nicht.

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Wegen des Fehlens einer Fülle von Neuigkeiten auf dem Gebiete der Bundespolitik, wie sie der Österreicher seit dem Regierungsantritt Bruno Kreiskys gewohnt war, haben sich politische Beobachter, Parteimanager und Berichterstatter mit Vehemenz auf die Analyse regionaler Wahlgänge geworfen. Und alle sind draufgekommen, daß gerade diese Sparte bisher am wenigsten von den Parteizentralen unter Beobachtung gehalten wurde. Landesfürstentum und Pfründenunwesen konnten ungehindert blühen. Dies freilich paßte so gar nicht in das Bild, das vor allem der Bundeskanzler von einer „demokratisierten“ SPÖ zu zeichnen bemüht war.

Und noch auffälliger kam die Persönlichkeitswahl in Kärnten zum Ausdruck. Allen gegenteiligen Aussagen zum Trotz muß nämlich unterstrichen werden, daß die Kärntner Gemeinderatswahlen Sima- (oder Anti-Sima-)Wahlen waren. Wer vor diesen Wahlen in Kärnten mit den Wählern gesprochen hatte, mußte wissen, daß der Fall Simas nicht mehr aufzuhalten war. Für den Nichtkärntner war das Sinken des Sterns des einst so populären Landesfürsten spätestens beim SPÖ-Par-teitag sichtbar, der vor etwa einem Jahr in Villach stattfand. Bundeskanzler und Parteivorsitzender Kreisky machte damals den vergeblichen Versuch, das Image Simas aufzupolieren, indem er ihn in das Parteipräsidium als einen der Stellvertretenden Parteivorsitzenden aufnehmen wollte..>jj, ,

Sima wurde zwar gewählt, erhielt aber relativ wenige Stimmen — weniger noch als der damals im Zentrum öffentlicher Kritik stehende Wiener Bürgermeister Slavik.

Bis zum Landesparteitag der Kärntner Sozialisten am 19. Mai dürfte auch das Rennen um die Ablösung Simas gelaufen sein. Noch in dieser Woche wird voraussichtlich die Villacher Bezirksorganisation der SPÖ den derzeitigen Verkehrsminister Erwin Frühbauer als Kandidaten für das Amt des Landeshauptmannes vorschlagen.

Schon vor den Niederlagen in Graz und Klagenfurt, die in der SPÖ-Zen-trale auf Grund von Meinungsumfragen bereits erwartet worden waren, wurden daher von den Sozialisten die Weichen für eine regional-und kommunalpolitische Offensive gestellt. Mit Blickrichtung auf die oberösterreichische Landtagswahl im Oktober fand vergangenen Sonntag in Schärding am Inn eine regionalpolitische Konferenz der SPÖ mit Vertretern von Schwesterparteien der angrenzenden Länder statt, aus demselben Grund wird es im Mai eine kommunalpolitische Konferenz geben. Ein entsprechendes Parteiprogramm wird dann einige Wochen vor dem Wahlgang in Oberösterreich in Linz präsentiert. Denn schließlich reißt die Kette der Landtagswahlen nicht ab: Wien, Niederösterreich und Vorarlberg sind im nächsten Jahr an der Reihe. , f-.

Der eigentliche Gewinner der Wahlgänge in Graz und Klagenfurt ist die Freiheitliche Partei. Wer jedoch glaubt, daß die Politik der Freiheitlichen auf Bundesebene dafür ausschlaggebend war, irrt. In Graz war es zweifellos die Person des überaus populären Vizebürgermeisters Götz, die einen erheblichen Teil der Antl-Scherbaum-Wähler zur FPÖ zog. Und in Kärnten dürfte es in erster Linie der sogenannte Orts-tafelkonflikt gewesen sein, der gerade den Freiheitlichen Auftrieb gab.

An dem Beispiel Kärnten wird aber nicht zuletzt die Vielschichtigkeit der FPÖ im ganzen Bundesgebiet ersichtlich: vom liberalen Bürgertum über die mit der SPÖ unzufriedenen „sozialen Aufsteiger“ bis zu national eingestellten Bevölkerungsteilen sollen alle unter den relativ kleinen Hut gebracht werden.

Wie es bezüglich der Wahl der Bürgermeister in Graz und Klagenfurt weitergeht, ist nach wie vor offen. In Graz beginnt die Zeit allerdings langsam zu drängen: die verfassungsmäßige Frist, bis zu der eine Entscheidung getroffen werden muß, läuft am 12. April ab. Und nach wie vor haben alle drei Parteien ihren Anspruch aufrechterhalten. Geheimverhandlungen in verschiedenen Zusammensetzungen ergaben bis jetzt keine klaren Fronten. Rascher, so hört man, soll es in Klagenfurt gehen, doch ist auch hier noch keine Entscheidung abzusehen. ÖVP und FPÖ sind ja hier in der Situation, einem geschlagenen Außerwinkler gegenüberzustehen, der für den Mißerfolg — zum Unterschied von Scherbaum in Graz — auch beim besten Willen nicht verantwortlich gemacht werden kann.

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