6901546-1980_28_17.jpg
Digital In Arbeit

DIE MARKEN

Werbung
Werbung
Werbung

Nur ein paar Kilometer hinter den Touristensandburgen wie Rimini und Cattolica, liegt ein für uns noch fast unentdecktes Gebiet.

Die „Küste der 100 Hügel”, die Marken, besticht in ihrer landschaftlichen Schönheit und mit historischen Erinnerungen.

Von Gabicce beginnend, reicht sie an der Küste über Pesaro, Fano und Marotta bis Ancona und verzaubert mit einem Hinterland, dessen Krönung wohl die Stadt Urbino ist. Eine Proportion von Raum und harmonischer Einheit zeichnet diese ehemalige Herzogstadt aus.

Erbaut nach den Plänen eines einzigen Mannes, Federico da Mon-tefeltro, in den Jahren 1444 bis 1482, fand sie mit Hilfe der neuen Wissenschaften der Renaissance eine ideale Ergänzung und wurde zum Anziehungspunkt für Künstler und Literaten und bildet heute ein aktives Zentrum einer gültigen europäischen Kultur.

Urbino ist auch die Geburtsstadt eines Bramante und Raffael, wobei Bramante noch am Aufbau der Stadt beteiligt war. So entwarf er die Kirche S. Bernadino, in der noch heute die Gruft des Herzogs zu besichtigen ist. Der Palazzo Ducale ist in ein Museum umfunktioniert und beherbergt sehenswerte Exponate eines Raffael, Piero della Francesca, Alessandro Botticelli und anderen Vertretern jener Epoche.

Nun, was bieten die „Marken” dem Touristen noch, außer einen gestillten Bildungshunger?

Vorerst einmal ein sauberes Meer. Da sich derzeit, zu Recht, die Meldungen über verschmutzte Strände und verunreinigte Küstenstriche überschlagen, kann man diese Tatsache sehr wohl herausstreichen. Abgesehen von den architektonisch einfallslosen Hotelzweckbauten samt grauenvollen Frühstückskaffees (dem Schreiber dieser Zeilen wird schon bei dem Gedanken an ihn übel), hat dieses Gebiet zweifellos etwas Positives. Es verbringen, anteilsmäßig gesehen, 75 Prozent Italiener ihren Urlaub dort. Das bedeutet, daß viel von der Eigenständigkeit, Brauchtum und auch Natürlichkeit der einheimischen Bevölkerung erhalten geblieben sind.

Schon in Fano, einer kleinen Stadt südlich von Pesaro, macht sich diese bewahrte Eigenständigkeit wohltuend bemerkbar. Kaum ein Geschäft in dem man Deutsch spricht und überall in den engen Gassen kann man die italienische Lebensweise förmlich spüren.

Da ich gerade Pesaro erwähnt habe: Diese Stadt ist der Geburtsort von Gioacchino Rossini und pflegt ihre künstlerische Tradition mit Theateraufführungen, internationalen Filmveranstaltungen und Konzerten. Eher traurig wirkt das Geburtshaus Rossinis, das man als Museum vermarktet und mit dem Gefühl verläßt, nichts profitiert zu haben, außer einer Berieselung aus versteckten Hochleistungsboxen. Aber das ist sicher Ansichtssache.

Pesaro hat eine kommunistische Stadtverwaltung und es mutet einem schon ein wenig komisch an, wenn in einer ehemaligen Kirche die Postverwaltung untergebracht ist. Eine, hoffentlich nie eintretende, Zukunftsvision.

Noch zur „Marken” gehörend, aber eigentlich ein Ausläufer der Romagna, ist Gabicce Mare. Ein traditioneller Urlaubs- und Badeort mit allen Vor- und Nachteilen eines solchen.

Am Abend strahlt der Gabicce Monte mit den Lichtern seiner Tanzlokale über das Meer, als Tribut an die Fremden, die die Illusion des Moments suchen. Die Stimmung leidet nur an den Tanzdarbietungen von Kindern, die, eher ungekonnt, Samba, Rock 'n' Roll und Walzer produzieren und dies zu mitternächtlicher Stunde. Das wirkt peinlich und hat mit Folklore nichts mehr zu tun, auch wenn man es noch so glaubhaft versichert.

Die „Marken” bieten dem Gast eine Fülle von Sehenswertem, so die Grotten von Frassassi - wirklich einmalige Tropfsteinhöhlen - oder die Furlo-Schlucht mit einem aus der Römerzeit erhaltenen Tunnel, der heute noch im Zuge einer Römerstraße durchfahren wird.

Gesamt gesehen bieten die Marken dem Urlaubsgast unvergeßliche Eindrücke, eine saubere Küste und Hotels zu angemessenen Preisen. Ein guter Tip auch für die Nachsaison

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung