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FILM
Trommelfell- und Zwerchfellreize
Es gibt heute kaum mehr neue optische Dimensionen, die dem Kino zu erschließen wären. Breitwand ist schon das normale Filmformat geworden, Cinemascope auch bereits fast alltäglich, und Cinerama stellt durchaus keine Sensation mehr dar. Die letzte Novität der Sinneswahmehmung liegt daher auf dem akustischen Sektor, ist uns aber auch schon seit mehr als zwei Jahren bekannt: das „Sensur- round”-Verfahren. Dabei werden derartig starke Schallwellen erzeugt, daß die davon ausgehenden Vibrationen den ganzen Körper erfassen.
Nach „Erdbeben” und „Die Schlacht um Midway” wird nun den akustisch Sensationslüsternen im einzig dafür eingerichteten Wiener Kino der dritte Sensurround- Film beschert: Achterbahn”. Das Milieu großer amerikanischer Vergnügungsparks bietet natürlich einen dankbaren Rahmen für die Erzeugung wahrer Lärmorgien und die Vermittlung eines hautnahen Schwindelgefühls, wenn eben diese Achterbahnen in atemberaubender Fahrt in die Tiefe sausen. Speziell am Beginn des Films ist die Geräuschkulisse eine geradezu menschenunwürdige Folter. Aber wenn der erste Reiz und Schock dieses Spektakels verflogen ist, erwartet sich das Publikum natürlich auch eine handfeste Story. Die wird ihm dann um die Figur eines intelligenten Psychopathen geboten, der nach einem ersten Sprengstoffanschlag auf eine Achterbahn einige Menschenleben auf dem Gewissen hat und von den Gesellschaftern der Vergnügungsparks Millionen für die Unterlassung weiterer Attentate fordert.
Begreiflicherweise ist man gerade in diesen Tagen allergisch gegen solche Stoffe, so daß man diesen Film als ein frivoles Spiel mit Terrorismus, Geiselnahme und der Bedrohung Unschuldiger durch mehr oder minder intelligente Verbrecher empfindet. Was den Film noch irgendwie interessant machen könnte, fehlt: die psychologische Motivation des Attentäters. Das ist auch deshalb schade, weil der junge Timothy Bottom eine beachtliche Leistung bietet und die Hollywood-Altstars Richard Widmark und Henry Fonda glatt in den Schatten stellt. Die technische Perfektion des Streifens ist natürlich stupend, die Spannung aber nur knapp durchschnittlich und der Gehalt äußerst mager.
Belmondo als Stuntman
Da hält man sich schon lieber an Jean-Paul Belmondos jüngsten Spaß ,JZin irrer Typ”. Er spielt diesmal einen Stuntman, der zusammen mit seiner Freundin waghalsige Filmszenen für Stars dou- belt, aber mit ihr erst nach etlichen Schwierigkeiten und Umwegen zu einem Happy-End kommt. Vor allem zu Beginn des Streifens läßt Claude Zidi, als Regisseur etlicher FUme mit den Chariots bekanntgeworden, eine fulminante Folge von Gags von Stapel. Für den Rest des Films ist dann die schauspielerische Potenz Belmondos, der immer mehr komödiantische Nuancen entwickelt, stark genug, um den Film kurzweilig über die Distanz zu bringen. Hiebei kann er in einer Doppelrolle aus dem Vollen schöpfen. Seine Partnerin Raquel Welch zeigt diesmal etwas mehr als beachtliche Kurven. Um das Starduo gibt es eine Menge vorzüglicher französischer Episodendarsteller. Da die Kameraarbeit von Claude Renoir von gewohnt erstklassiger Qualität ist, wird dem Zuschauer witzig-beschwingte Unterhaltung geboten, so daß sich ein neuer Langläufer auf dem Wiener Premierenmarkt ankündigt.
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