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Gefahr durch Ultraschall?

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Durch Ultraschalluntersuchungen, die zwischen der 16. und 20. sowie zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche vorgenommen werden, erhält der Arzt wichtige Informationen über die Entwicklung des Fötus. So lassen sich beispielsweise die fötalen Herzaktionen in der Frühschwangerschaft nachweisen und der Geburtstermin exakt bestimmen. In der frühen Phase der kindlichen Entwicklung'werden außerdem bereits einige Mißbildungen (z. B. Hy-drozephalus) sichtbar. Und schließlich kann Ultraschall auch während der Geburtsüberwachung bei der Herztonbeschreibung eingesetzt werden.

Obwohl seit mehr als zehn Jahren Erfahrungen mit Ultraschall bei der Überwachung von Risikoschwangerschaften vorliegen, werden immer wieder Stimmen laut, die auf Gefahren für Mutter und Kind hinweisen. Dabei wird in der Regel auf eine Arbeit von W. H. Thiele aus dem Jahre 1951 zurückgegriffen. Bei schwangeren Meerschweinchen konnte Thiele nämlich mit therapeutischem Ultraschall Aborte und Frühgeburten auslösen. Daß diese Ergebnisse nicht auf den Menschen übertragen werden dürfen, zeigten bereits vor Jahren umfassende Studien aus den USA, England und Schweden. Bei 8000 Frauen, die während einer Schwangerschaft mehr als dreimal mit Ultraschall untersucht worden waren, konnten nicht mehr mißgebildete Kinder beobachtet werden als bei einem vergleichbaren Kollektiv von Schwangeren, die nicht dem Ultraschall ausgesetzt waren.

Freilich: Könnte es nicht sein, daß sich die Schäden erst in der zweiten oder gar dritten Generation bemerkbar machten? Privatdozent E. G. Loch von der Deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden verneint diese Frage. Zwar könne man im Bereich der Humanmedizin noch keine endgültige Antwort geben, doch geben Tierversuche keinen Hinweis auf eine erhöhte Abortrate. Aus diesen Studien und aus den tierexperimentellen Arbeiten zogen Mediziner bislang den Schluß, daß Ultraschalluntersuchungen mit Impulsgeräten handelsüblicher Bauart und mit Frequenzen im Bereich von 0,5 bis 15 Megahertz zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft für Mutter und Kind ungefährlich sind.

Neuerdings geriet die Ultraschalldiagnostik dennoch wieder in Mißkredit. Die amerikanische Forscherin Doreen Liebeskind will nämlich festgestellt haben, daß Ultraschalluntersuchungen beim Menschen zu

Chromosomenschäden führen. Sie arbeitete jetzt am Department of Ra-diology des Albert Einstein College of Medicine in Bronx (New York/USA) mit Zellkulturen. Und zwar unter anderem mit Kulturen von Karzinomzellen, die die Eigenschaft haben, sich sehr schnell zu teilen. Die Untersuchungen ergaben, daß sich diese Zellen unter der Einwirkung des Ultraschalls noch rascher teilten.

Darüber hinaus untersuchte Frau Liebeskind auch die Zellstrukturen. Dabei entdeckte sie einen besonderen Chromosomenaustausch, den die Wissenschafter erst seit kurzem kennen, über dessen Auswirkungen beim Menschen man aber noch sehr wenig weiß. Bei der Beurteilung gerade dieser Versuche muß man berücksichtigen, daß sich in den Gefäßen, in denen die Zellkulturen aufbewahrt werden, beim „Beschallen" stehende Wellen ausbilden, in deren Knoten die Schallintensität stark erhöht ist.

Bei der Ultraschalldiagnose schwangerer Frauen liegen hingegen, so Privatdozent Loch, ganz andere Verhältnisse vor. Zum einen wird die Schwangere 10 bis 15 Minuten beschallt (die Zellkulturen bis zu einer Stunde lang). Zum anderen wird der Schallkopf nicht auf eine Stelle gerichtet, sondern über den ganzen Unterbauch geführt. Aber schon die Bauchdecke des menschlichen Körpers absorbiert einen Teil der Strahlung, so daß der Fötus nicht von der gesamten Intensität des Ultraschalls getroffen wird. Die Schädigungen, die eventuell entstehen können, werden im wesentlichen durch Wärme hervorgerufen, die der Ultraschall beim Durchgang durch das Gewebe erzeugt. Im menschlichen Organismus wird diese Wärme aber durch die Gefäße sofort abgeleitet. Und gerade die Gebärmutter ist besonders gut durchblutet, so daß hier die Wärme schnell wieder abgeführt wird.

Inzwischen existiert auch ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf über die Auswirkungen nicht ionisierender Strahlen. Diese Arbeit von Professor Hill vom Royal Cancer Hospital in Sutton (England) wurde 1977 publiziert; in ihr sind alle experimentellen Ultraschalluntersuchungen aufgeführt, so auch die Versuche von Frau Liebeskind. Diese offizielle WHO-Studie kommt zu dem beruhigenden Ergebnis, daß Ultraschall im klinischen Gebrauch weder für die Mutter noch für das Kind schädlich ist.

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