6815919-1973_09_05.jpg
Digital In Arbeit

Ohne Geld ka Musi

Werbung
Werbung
Werbung

In Frankreich werden seit 1972 Weideprämien gewährt, in Südtirol gibt es Bewirtschaftungsprämien, in der Schweiz sogenannte Flächenprämien und in der Bundesrepublik Deutschland Alpungs- und Aufzuchtsprämien. Die naturbedingte Benachteiligung der Bergbauern ist also nicht nur ein spezifisch österreichisches Problem, es macht auch anderen Regierungen Kopfzerbrechen.

In Österreich ist die Bergbauern-frage in der letzten Zeit mehrmals virulent geworden, aber weniger in Form einer sachlichen Auseinandersetzung mit den anstehenden Problemen, als in Form von Person al-debatten über mögliche oder nicht mögliche Staatssekretäre. Die Tatsache, daß das Bawag-Magazin „Wirtschaft für alle“ in einer seiner letzten Ausgaben diesen Problemkreis behandelte, mag vielleicht eine Andeutung dafür sein, daß man in der SPÖ — nach mehrmaligen glücklosen Versuchen — nun doch gewillt ist, den anstehenden Problemen zu Leibe zu rücken (mit oder ohne Staatssekretär).

Das Auseinanderklaffen der Einkommensverhältnisse in der Landwirtschaft ist bekannt, der von Kreisky propagierte „Kampf gegen die Armut“ hat bisher vor den Türen der Bergbauern halt gemacht: das Bergbauern-Sonderprogramm „beschenkte“ rund 17.000 Berg-bauernfamilien mit je 2000 Schilling (das sind 167 Schilling pro Monat). Es wird auch zugegeben, daß mit den vorhandenen Mitteln „einkommenspolitische Zielsetzungen derzeit nicht erfüllt werden können“. Dennoch — und hier gibt es kaum Meinungsverschiedenheiten — muß etwas für die benachteiligten Bergbauern getan werden, denn immerhin leisten sie durch die Erhaltung der Landschaft einen wesentlichen Beitrag nicht nur, aber sehr wesentlich auch zum Fremdenverkehr, und somit zum beständig steigenden Devisenstrom nach Österreich.

Ohne eine wie bisher durchgeführte Bewirtschaftung kann nämlich der Erholungswert einer Landschaft nicht gewährleistet werden. Der simple Vorschlag, die Bergbauern sollten doch einfach die landwirtschaftliche Betreuung zugunsten der gewinnbringenden Aktivitäten auf dem Gebiete des Tourismus aufgeben, geht also in die falsche Richtung.

Die enge Verflechtung als Ergebnis des Zusammenwirkens von Bergbauern und Fremdenverkehrswirtschaft bedingt eben, daß beide Bereiche gesund sind. Die Fremdenverkehrswirtschaft muß daher ein Interesse daran Haben, an einer wirtschaftlichen Gesundung des Partners mitzuhelfen. Letztlich ist ja doch der Nutznießer eines gesunden Bergbauernstandes der Staat als Ganzes, denn ohne die hohen Einkommen aus dem Fremdenverkehr könnte Österreichs passive Handelsbilanz derzeit nicht ausgeglichen werden.

Die volkswirtschaftlich eminent bedeutungsvolle Tätigkeit des Bergbauern auf dem Gebiete der Land-und Forstwirtschaft hat also einen Wert, der oft übersehen wird. Bei einer verstärkten Land- beziehungsweise Höhenflucht müßte die Allgemeinheit die Zeche bezahlen; sei es in Form eines Rückganges des Fremdenverkehrs mangels entsprechender Kultivierung des Erholungsraumes, oder durch Übernahme der Kosten für eine entsprechende Landschaftspflege seitens des Staates; vom Umweltschutz ganz zu schweigen. Hier Wird vor allem ein Umdenken vom „vorsorgungs-anrü-chigen“ Subventionismus der Landwirtschaft zum volkswirtschaftlich sinnvollen „Preis für Dienstleistungen“ platzgreifein müssen.

Ob für die Behandlung dieser Problemkreise ein eigener Staatssekretär notwendig ist, bleibt eine vergleichsweise unbedeutende Frage; wie im übrigen jede Emotionali-sierung dieser Probleme nur einen Schritt in Richtung auf eine Entfremdung von Bevölkerungsjruppen bedeuten würde.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung