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Der Bergbauernschilling

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,, Landwirtschaftsförderung wurde objektiviert"

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,, Landwirtschaftsförderung wurde objektiviert"

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Kärntens wichtigstes Kapital ist seine Landschaft. Seine Äcker ernähren die Menschen, seine Wälder liefern den wichtigen Rohstoff Holz und die Landschaft bietet den arbeitenden Menschen in ganz Europa den so notwendigen Erholungsraum. Eine gesunde und leistungsfähige Landwirtschaft ist daher ein unentbehrlicher Bestandteil der Gesamtwirtschaft und so kommt auch der Arbeit der im Agrarbereich tätigen Menschen im Interesse des Landes eine besondere Bedeutung zu.

In den Schulbüchern kann man lesen, daß die Bauernbefreiung in Österreich Mittedes 19. Jahrhunderts durchgeführt wurde. Das mag historisch stimmen, richtig ist aber auch, daß die volle Bauernbefreiung in Kärnten erst Mitte der siebziger Jahre dieses Jahrhunderts verwirklicht wurde. Denn erst mit Hilfe der 1976 beschlossenen Kärntner Landwirtschaftsgesetze war es möglich, die weitreichende Abhängigkeit des Kärntner Bauernstandes von weltanschaulich orientierten Interessengruppen zu beseitigen und den allgemeinen Demokratisierungsprozeß auch auf die bäuerliche Berufsvertretung auszudehnen. Die Landwirtschaftsforderung wurde objektiviert und die entsprechenden Agenden von der Landwirtschaftskammer in die Landesverwaltung übertragen.

Ein Landesagrarbeirat wurde geschaffen, der bei der Erstellung der Förderungsrichtlinien ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Die Bezirksbauernkammern wurden beseitigt, die Ortsbauernausschüsse gibt es nicht mehr. Förderung und Beratung unserer Kärntner Bauern wurden übersichtlich neu geordnet, das Mitspracherecht der

Kärntner Bauern in der Landwirtschaftskammer auf eine breitere Basis gestellt. Durch die neuen Kärntner Landwirtschaftsgesetze - die anderen Bundesländer schauen da noch staunend bis neidvoll auf uns - wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, um aus der Landwirtschaftskammer ein echtes demokratisches Forum der Kärntner Agrarier zu machen.

Die Umgestaltung der Bauernvertretung zugunsten der vertretenen Bauern macht es leichter, an der Verwirklichung fortschrittlicher agrarpolitischer Zielsetzungen weiterzuarbeiten. Mit der Beschlußfassung der Kärntner Landwirtschaftsgesetze wurde jeden falls ein auch österreichweit beachtlicher Meilenstein auf dem Wege der Emanzipation unseres Bauernstandes gesetzt.

Dieser große Erfolg war jedoch für die Kärntner Politik kein Grund zu satter Selbstzufriedenheit. Sicherlich läuft das landwirtschaftliche Förderungswesen in Kärnten auf vollen Touren, besonders bei der Verkehrsaufschließung höher gelegener Regionen wurden große Erfolge erzielt, die Elektrifizierung der Höfe ist so gut wie abgeschlossen. Um dem Preisverfall im Zusammenhang mit Viehexporten entgegenzuwirken, wurde etwa die Absatzförderung im Vorjahr auf rund 25 Millionen Schilling seitens des Landes Kärnten ausgeweitet. Das landwirtschaftliche Einkommen je Familienarbeitskraft hat 1979 - die Zahlen von 1980 liegen noch nicht vor - gegenüber dem Vorjahr zu genommen, während im gesamten Bundesgebiet eine abnehmende Tendenz festzustellen war. Dennoch sind wir uns darüber im klaren, daß vor allem die Kärntner Bergbauern finanziell noch nicht „über dem Berg“ sind.

Im Bemühen um einen möglichst engen persönlichen Kontakt mit der Bauernschaft unternahm ich im Vorjahr einen Alm wandertag in Oberkärnten, wo ich von Bauern direkt angesprochen und ersucht wurde, doch mehr für die Bergbauern zu tun. Dabei wurde mir besonders eindringlich bewußt, daß es dringend notwendig ist, die Bergbauern bei der Bewältigung ihrer schwierigen Aufgaben finanziell zu unterstützen, machen sich doch die Bergbauern um die Erhaltung der Kulturlandschaft in höher gelegenen Regionen ganz besonders verdient.

Im besonderen ist es doch sehr wesentlich, der Arbeit der Bergbauern zu danken, daß der expansive Kärntner Fremdenverkehr, der jährlich Millionen Menschen nach Kärnten bringt, überhaupt funktionieren kann. Die Bergbauern schaffen durch ihren Einsatz eine entscheidende Grundlage des heimischen Tourismus, durch eine lebenslang dauernde schwere Tätigkeit, die nicht unbelohnt bleiben soll. Es ist sogar so, daß den Bergbauern durch den Fremdenverkehr mitunter schwere Schäden erwachsen, wenn man etwa an die kürzlich veröffentlichte Studie denkt, wonach im Bereich von Schipisten der wirtschaftliche Ertrag der landwirtschaftlichen Flächen um bis zu 70 Prozent gemindert wird.

Nach der Begegnung mit den Bergbauern ließ ich einen Gesetzentwurf ausarbeiten, der die Einführung eines sogenannten „Bergbauernschillings“ vorsieht und der vorläufig noch in meiner Schreibtischlade liegt. Danach ist vorgesehen, daß jeder Urlaubsgast in Kärnten, der ja in erster Linie von der Arbeit der Bergbauern profitiert, pro Nächtigung einen Schilling für unsere Bergbauern zahlen soll. Die dadurch zu erwartenden 16 bis 17 Millionen Schilling jährlich sollen durch ein gerechtes Verteilungssystem, dessen Details noch diskutiert werden, den Bergbauern zugute kommen.

Der Vorschlag zur Einführung dieses „Bergbauernschillings“ führte natürlich zu regen öffentlichen-Diskussionen. Jüngste Aussagen der Präsidenten der Kärntner Landwirtschaftskammer deuten jedoch in Richtung auf einen Konsens, in nächster Zeit stattfindende Parteiengespräche werden eine endgültige Klärung bringen.

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