7059369-1991_30_03.jpg
Digital In Arbeit

Sorgen um ein „schlampertes Verhältnis“

Werbung
Werbung
Werbung

„Ich mache mir Sorgen um den EWR-Vertrag" sagte kürzlich der Staatssekretär für Integrationsfragen, Peter Jankowitsch. Zu Recht. Denn es ist nicht sicher, ob bei der Zusammenkunft der Chefunterhändler diese Woche ein Gesamtpaket für die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ausgearbeitet werden kann. Zwar haben sich EG- und EFTA-Verhand-ler in wichtigen Punkten längst zusammengerauft, aber nach wie vor spießt es sich. Bei den Fischereirechten etwa, den Zahlungen an den Fonds zur Unterstützung strukturschwacher EG-Regionen, im institutionellen Bereich.

Daß die Gespräche mühsam sind, ist aber längst bekannt. Daß Jankowitsch dies jetzt in der Öffentlichkeit betont, bedeutet sicher auch, daß die Österreicher auf ein

„schlampertes mögliches Scheitern der EWR-Vertragsverhandlungen eingestimmt werden sollen. Schließlich erlebten sie via Medien in den letzten Monaten einen euphorisch gestimmten Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel, der den „entscheidenden Durchbruch" und einen EWR-Vertrag „in Reichweite" suggerierte.

Jankowitschs sorgenvolle Ankündigung ist trotzdem wohl eher ein Seufzer der Erleichterung. Der EWR wurde von Wien ohnehin nur als Zwischenstation auf dem Weg nach Brüssel gesehen. Denn unser Weg ist ja klar. Wir wollen - so wie Schweden auch - mit am Tisch der Gemeinschaft und nicht im Europäischen Warteraum (EWR) sitzen. Denn die Teilnahme am Entscheidungsprozeß in Brüssel ist ohne volle Mitgliedschaft nicht möglich, sagte Kommissionspräsident Jacques Delors im Jänner 1990 vor dem Euro-

Verhältnis" päischen Parlament. Mitsprache in der EG gibt es nur für den, der auch den gesamten „Ehevertrag" der Gemeinschaft anerkennt.

Diese Wortwahl legt schon den Schluß nahe, daß die Europäische Gemeinschaft den EWR ohnehin eher als „schlampertes Verhältnis", denn als eine „ordentliche Familie" sieht. Daher wird sie die EWR-Verhandlungen, so wie die anderen beitrittswilligen EFTA-Staaten auch, nicht auf Biegen und Brechen zu einem positiven Abschluß durchboxen.

Daß sich Peter Jankowitsch Sorgen macht über den EWR, lohnt sich außerdem gar nicht. Sorgen kommen noch früh genug. In den nächsten Tagen nämlich, wenn die EG-Kommission ihre Stellungnahme („Avis") zu unserem Beitrittsantrag vorlegt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung