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Peinliche EWR - Kritik

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Am 25. Juni soll der Vertrag zwischen der Europäischen Gemeinschaft (EG) und der Europäischen Freihandelszone (EFTA) über einen gemeinsamen Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) unterzeichnet werden. Für Österreich als EFTA-Mitglied würden damit gut die Hälfte der EG-Spielregeln noch vor dem angestrebten EG-Beitritt Gültigkeit haben. Zwischen Nähe und Tragweite dieses Termins und dem Bewußtsein liegen hierzulande aber vorerst Welten, wie die unerquickliche Debatte der letzten Wochen zeigt. Natürlich ist es legitim, vor so einem wichtigen Schritt auch kritische Fragen an die zukünftigen Partner zu stellen. Etwa, wie sie sich die Lösung des Transitproblems vorstellen. Aus vielen ebenso überflüssigen wie peinlichen Wortmeldungen müssen unsere EWR-Partner aber den Eindruck bekommen, daß ihnen da ein Kollege ins Haus steht, der allen Ernstes meint, die künftigen Integrationsvorteile lukrieren zu können, ohne dafür seine teilweise byzantinischen Wirtschaftssitten aufgeben zu müssen.

Daß Zweifel am Wert der Integration ausgerechnet aus der Integrationspartei ÖVP kommen, ist zwar pikant, überrascht aber nicht mehr besonders. Die Wirtschaftspartei ÖVP hat sich bekanntlich ja auch gegen eine Senkung der Mehrwertsteuer ausgesprochen. Wolfgang

Schüssel, der derzeit in der EFTA, und damit auch bei den EWR-Verhandlungen den Vorsitz inne hat, kann einem jedenfalls leid tun. Zu recht fürchten einige Sektoren der heimischen Wirtschaft, daß ihre berufliche Lebensqualität im Falle einer EWR/EG-Teilnahme gemindert wird. Derzeit können diese geschützten Sektoren (also beispielsweise Banken und Versicherungen) ihren Dienstnehmern weit über dem Durchschnitt liegende Gagen zahlen, ohne daß deswegen die Arbeitsbedingungen an jene auf römischen Galeeren erinnern, weil sie ja auch bei den Preisen mangels ausländischer Wettbewerber nicht zimperlich zu sein brauchen. So besehen könnte man die Teilnahme an der europäischen Integration als Akt der sozialen Gerechtigkeit sehen. Weil dann Konsumenten, die bloß durchschnittlich verdienen, weil sie in Branchen arbeiten, die schon jetzt dem vollen Wettbewerb ausgesetzt sind, nicht länger die höheren Preise für die Produkte der geschützten Sektoren zahlen brauchen.

Kurioserweise sehen aber auch jene dem Gemeinsamen Markt mit Bangen entgegen, die -siehe oben - nur gewinnen können. Nach der furiosen (Nicht-)Informationspolitik seit der Übergabe unseres Beitrittansuchens anno 1989 war das freilich auch nicht anders zu erwarten...

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