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„... um der zehn Gerechten willen"

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Dem polnischen Botschafter in Österreich, Wladyslaw Bartosze wski, wurde am 10. Februar die Ehrenbürgerschaft des Staates Israel verliehen. Bei der Feier traf Ungewöhnliches zusammen: Im neugestalteten Festsaal der BAWAG (Bank für Arbeit und Wirtschaft) verlieh der israelische Geschäftsträger in Wien, Peter Aran, dem Polen und bekennenden Katholiken diese seltene Auszeichnung. Die Laudatio hielt der PEN-Club-Vorsitzende Alexander Giese, früher Großmeister der österreichischen Freimaurer. Die geladenen Gäste spendeten stehend Applaus. Einem Mann, der meist anders war als andere und der sich niemals anpaßte.

Trotz bleibender Angst ein tapferer Held. Seit seinen Erlebnissen in Auschwitz 1940 verfolgte ihn die Angst. Doch kaum von dort entlassen folgten konsequente Arbeit im Untergrund, Erforschung der Naziverbrechen an Polen und Juden, 1944 die Teilnahme am Warschauer Aufstand. Noch dreimal war er nach 1945 im Gefängnis: Kaum in Freiheit hat er jeweils mutig fortgesetzt, was er vorher begonnen hatte.

Ein polnischer Katholik, der sein Leben vielfach für Juden einsetzte. Trotz starker antisemitischer Strömungen in seiner Heimat hat er seit Kindheit ein gutes Verhältnis zu Juden gehabt, hat Hunderten das Leben gerettet, und 1982 hat ihn ein prominenter Jude aus seiner letzten Internierung befreit.

Ein Pole, der die Aussöhnung seiner Landsleute mit den Deutschen vorantrieb. Trotz schwerster historischer Belastung der Beziehungen hat er als Schriftsteller und Wissenschaftler unermüdlich und mit Erfolg zu vermitteln versucht.

Ein vielfach Verfolgter, der das Böse schonungslos anprangert, aber seiner Verfolger nie im Haß gedenkt. Einer, der nach all dem, was er gelitten, Bilanz zieht: „Es lohnt sich, anständig zu sein." Ein Historiker, der nicht in der Vergangenheit verweilt, sondern die Zukunft mutig mitgestaltet.

Ein tief gläubiger Mensch, dessen religiöse Kräfte, wie er selber sagt, erst im Krieg, erst nach Auschwitz gewachsen sind, wo andere an Gott zu zweifeln begannen.

Einer der wenigen „Gerechten". In „Yad Vashem" hat er die seltene Auszeichnung „Gerechter der Völker" erhalten, Bei seiner letzten Ehrung wurde aus der Genesis zitiert, wie Abraham Gott mahnt, doch um weniger Gerechter willen Sodom zu verschonen. „Gerechte" gibt es immer zu wenig. Eine Hoffnung aber, daß es immer wieder welche gibt.

Und was ist für Bartoszewski das Schlimmste im Zusammenleben der Menschen? „Die Gleichgültigkeit und der Opportunismus. Sie sind oft böser als das Böse. Das gilt sowohl für den Privatbereich als auch für die Politik."

Am 19. Februar wurde Bartoszewski 70 Jahre alt. Es ist verständlich, daß so viele ihn ehren.

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