6867496-1978_09_10.jpg
Digital In Arbeit

Volksgesang im Gottesdienst

Werbung
Werbung
Werbung

Das Gesamtkunstwerk Richard Wagners konnte für das liturgische Reformwerk der Begründer der volksliturgischen Bewegung, Pius Parsch und Vinzenz Goller, nur unerreichbares Vorbild sein. Die Ansätze vorher waren in der kirchenmusikalischen Landschaft zu dürftig, da es dem Cäcilianismus des 19. Jahrhunderts und seiner Epigonen mehr um rubrizi-stische Momente ging, wie ebenso das rigorose Festhalten am Palestrina-Stil das Schaffen der Kirchenmusiker mehr beengte als sie zu neuen Vorstößen ermutigte. Anton Bruckner hatte über seine „so“ komponierenden Zeitgenossen nur ein mitleidiges Lächeln.

Der Himmelfahrtstag 1922 in der St. Gertrudskirche in Klosterneuburg kann als die Geburtsstunde der volksliturgischen Bewegung angesehen werden, und mit ihr wurde die Neubesinnung auf die Anteilnahme beim Gottesdienst durch Parsch vollzogen; die Unmusikalität des einen bedurfte des aus der kirchenmusikalischen Praxis kommenden Südtirolers, um Wort und Ton in das gewünschte und langerstrebte Nahverhältnis in der Kirche zu bringen. Diese Neubesinnung öffnete die Tore zur aktiven Mitgestaltung im Gottesdienst sehr weit, aber mußte dort beginnen, wo in der Reformation und Gegenreformation mit dem deutschen Volksgesang zaghaft die lateinische Meßliturgie in den Zwischengesängen aufgebrochen wurde. Aus der Not geboren und nur auf die Praxis bezogen, war (und ist) das Bemühen vom Kunstwerk der lateinischen Messen der Renaissance und des Barock noch weit entfernt! Da fehlte es besonders in den Anschauungen Gollers, der in dieser Form der Vergangenheit wenig Gutes fand. So war aber doch das Ziel der kirchenmusikalischen Zukunft mit einem entscheidenden Schritt vorwärts getan und die Radikalität, die ausgetretenen Gleise der Vergangenheit zu verlassen, mit der zu Neuem notwendigen Genialität nicht kompensiert!

Mühsam wie der Aufstieg zur ersten Etappe der Reform war der Einstieg in die noch unerschlossenen Gefilde einer deutschen Gregorianik. Mit der auf das 2. Vatikanum folgenden Wortexplosion im Rahmen der Deutschen Messe vollzog sich die Rehabilitierung der meditativen Energien der von den Puristen verabscheuten lateinischen Messe der Jahrhunderte vorher. Ihre religiöse Aussage mit der zu innerer Anteilnahme durch die Musik auffordernden Geste wird damit wieder ins rechte Licht gerückt und das Zukunftsideal des deutschen Hochamtes anvisiert.

VOLKSGESANG IM GOTTESDIENST - Der Gesang bei der Messe in der Liturgischen Bewegung von Klosterneuburg, von Rudolf Pacik, österreichisches Katholisches Bibelwerk, Klosterneuburg, 312 Seiten, öS 198-

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung