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Was ich 1968 befahl…

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Obwohl es in diesen Tagen erst 15 Jahre her ist, daß im Zuge der sogenannten „CSSR-Krise“ auch unser Österreich in eine akute Gefahrenzone geriet, ist scheinbar dieses Ereignis aus dem Gedächtnis der Österreicher entschwunden. Dem Bundesheer kam in dieser Zeit als einem Instrument der österreichischen Politik eine gewichtige Aufgabe zu.

Bereits Wochen vor dem Einmarsch von Warschauer-Pakt- Truppen in der CSSR gab es in unserem nördlichen Nachbarland laufend größere Truppenbewe-

gungen. Sowjet-Truppen kamen und zogen wieder ab, es war ein verwirrendes Hin und Her, dem sicherlich auch politische Absichten zugrunde lagen. Aber schließlich war ja die CSSR ein Land, das dem Warschauer Pakt angehörte, und da waren Manöver und Truppenbewegungen des Warschauer Pakts nichts Außergewöhnliches.

In der Nacht zum 21. August 1968 begann dann tatsächlich überfallsartig die Besetzung der CSSR. Ich wurde etwa um 4 Uhr früh über Ersuchen des Bundesministeriums für Landesverteidigung in meinem Urlaubsdomizil am Erlaufsee von Gendarmerie

Autor Georg Prader (Foto Archiv)

beamten alarmiert (ich selber hatte keinen Telefonanschluß). In einem kurzen Telefongespräch vom Gendarmerieposten Mariazell aus mit dem Leiter des Einsatzstabes, dem Brigadier und meinem späteren Nachfolger als Verteidigungsminister, Freihsler, befahl ich den Truppen der damaligen Heeresgruppe 1 (Wien, Niederösterreich und nördliches Burgenland), Teilen der Heeresgruppe 3 (Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg) und Teilen der Heerestruppen: „Abmarschbereitschaft herstellen, weitere Einsatzbereitschaft hersteilen und die sofortige Durchführung von ständigen Aufklärungsflügen entlang der Nord- und Ostgrenze.“ Entsprechende Befehle erhielt auch die Radarstation Kolomannsberg.

Auf der sofortigen Fahrt nach

Wien unterbrach ich in St. Pölten in der Panzerkaserne Spratzern, um mir einen Lagebericht geben zu lassen, und von dort auch telefonierte ich mit Bundeskanzler Josef Klaus, der schon um etwa 6 Uhr früh eine Rundfunkansprache an die österreichische Bevölkerung gehalten hatte. Ich informierte ihn über die getroffenen Maßnahmen, und Klaus berief für die frühen Morgenstunden die in Wien anwesenden Minister zu einer Lagebesprechung ein. Er informierte auch die Opposition und führte mit dem sowjetischen Botschafter ein Gespräch.

In der Ministerbesprechung wurde die militärische Gewaltanwendung durch die Sowjets einstimmig scharf verurteilt und festgelegt, daß man österreichweit der Situation mit Festigkeit begegnen werde.

Nach einer Besprechung mit den militärischen Führungskräften im Bundesministerium für Landesverteidigung teilte ich dem Bundeskanzler mit, daß ich beabsichtige, die nördlichen Garnisonen auf der Linie Freistadt, Allentsteig, Horn, Hollabrunn und Mistelbach entsprechend zu verstärken. Den Abmarschtermin beabsichtige ich, für 16 Uhr festzulegen. Klaus war mit der Vorgangsweise einverstanden und

Fortsetzung auf Seite 5

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