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Wiedergutmachung

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Zwei verbotene Romane des Nobelpreisträgers Alexander Solschenizyn sollen in der Sowjetunion veröffentlicht werden: .Jirebsstation“ und der erste Kreis der Hölle“. Verhandlungen seien jedenfalls im Gange, so wurde erklärt.

Solschenizyn wurde 1974 nach der Veröffentlichung des .Archipel Gulag“ ausgebürgert und lebt seit 1976 in Vermont, in den USA. Dort schreibt er wie ein Besessener. .JDamit das alles unvergessen bleibt und die Nachkommen es einmal erfahren. Solange ich lebe, darf ich mir nicht vorstellen, nicht einmal davon träumen, gedruckt zu werden.“

So schilderte er in seinen Skizzen aus dem literarischen Leben ,£)ie Eiche und das Kalb“ das Los des zeitgenössischen russischen Schriftstellers.

In allen seinen Büchern geht es Solschenizyn um Wiedergutmachung des von Stalin begangenen Unrechts. ,J£rebsstation“ und ,JJer erste Kreis der Hölle“ tragen stärk autobiographische Züge. Vor 35 Jahren mußte der Autor in eine Krebsstation nach Taschkent und glaubte, dort sterben zu müssen. Er wurde als geheilt entlassen.

Zwölf Jahre schrieb Solschenizyn „in aller Ruhe“ — ohne Aussicht, veröffentlicht zu werden. Dann, in der Ära Chruschtschow, konnte 1962 seine Erzählung „Ein Tag im Leben des Iwan Denisso-witsch“ erscheinen. A ber die Hoffnung auf eine Lockerung währte nur kurz. .Jtrebsstation“ sollte eigentlich „ein offizielles, allen zugängliches Buch“ werden, doch das Manuskript wurde nach langwieriger Prüfung „eingesargt“.

Jetzt beginnt wieder eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des Stalinismus in der Sowjetunion. Und kritische Bücher sollen „Glasnost“ fördern. Bücher von Autoren, die als ,J?einde des sowjetischen Volkes“ diskreditiert und ins Ausland abgeschoben wurden. ,Jch habe nie daran gezweifelt, daß die Wahrheit zu meinem Volk zurückkehren wird. Ich glaube an unsere Reue, an unsere geistliche Reinigung, an die nationale Wiedergeburt Rußlands.“ Das schreibt Solschenizyn am Schluß der Autobiographie ,J)ie Eiche und das Kalb“.

Soweit ist's noch* nicht. Gorbatschow hält bei der ,JPerestrojka“. Immerhin aber dürfen vielleicht bald Bücher von einstigen „Volksfeinden“ erscheinen. Wie wär's, wenn Gorbatschow die „Volksfeinde“ selbst heimholte? Das wäre eine überzeugende Geste. Bei Alexander Solschenizyn ergäbe sich hier übrigens heuer ein guter Anlaß: Er wird im Dezember 70!

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