Rot-Rot darf nicht sein!

Werbung
Werbung
Werbung

Zu Zeiten des Kalten Krieges hatte das geteilte Berlin unterschiedliche Wappenbären: Der Ostbär wirkte etwas muskulöser und hatte kein Gold in der Krone. Zweiteres symbolisiert Berlin noch heute sehr gut, denn die Stadt ist bankrott. Aber auch Ersteres, der muskelprotzende Ossi, beschreibt vorzüglich die Situation nach der Berliner Wahl am letzten Sonntag: Die SED-Nachfolgepartei PDS schließt in der Stadt von Mauer und Todeszone mit rund 23 Prozent der Stimmen fast zur mit knapp 24 Prozent schwer geschlagenen Union, der Partei der Einheit, auf. Im Ostteil der Stadt kommt die Partei des massenattraktiven Gregor Gysi sogar auf über 47 Prozent.

Ein klares Votum. Wird der so oft zitierte Wählerwille jetzt wirklich ernst genommen, muss der erwartungsgemäß mit knapp 30 Prozent der Stimmen erfolgreiche SPD-Bürgermeisterkandidat Klaus Wowereit keine Sekunde überlegen, um einer rot-roten Koalition den Vorzug zu geben. Er könnte als Rechtfertigung ja auch die Kontraproduktivität von Ausgrenzungsstrategien ins Treffen führen, diesbezügliche Erfahrungen aus Österreich und von noch weiter südlich anführen. Nehmen wir sie in die Regierungsverantwortung, da stoßen sich die Radikalen schnell ihre linken oder rechten Hörner ab, heißt das Credo der Einbindungsverfechter, die den Kuschelkurs halt leider sehr oft nur gegenüber der extremen Ausformung eigener politischer Anschauungen billigen.

Doch Wählerwille hin, Umarmungstaktik her, wie es in der Bundeshauptstadt weitergeht, wird mehr der Bund und weniger die Hauptstadt selbst bestimmen. Und Kanzler Gerhard Schröder gibt einer Berliner Ampelkoalition mit den beiden um ein zweistelliges Ergebnis ringenden Parteien - für die FDP ein Sieg, für die Grünen eine Niederlage - den Vorzug. Zum einen, weil er die grüne Treue zur Anti-Terrorpolitik der Regierung belohnen muss, zum anderen, weil er - wenn die Grünen weiter so abbauen - rechtzeitig an eine Öffnung der Bundeskoalition Richtung Liberale zu denken hat. Ob damit aber die nach wie vor bestehende Teilung der Hauptstadt in Ost und West überwunden werden kann, ist mehr als fraglich. Aber in der Not greift man halt gern auf ein weiteres Symbol im Stadtwappen zurück: den Schutzschild.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung