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Großstädtisches Bauen

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Die Ausstellung „Bauen in Berlin 1900 bis 1964“ geht nun von Wien nach Linz und möglicherweise auch in andere Landeshauptstädte. Obwohl sie wenig sorgfältig durchgearbeitet ist, sondern mehr kursorisch und an zufälligen Beispielen Gründerzeit, Jugendstil und Werkbund, zwanziger Jahre und Nachkriegszeit durchstreift, geht von ihr — dos heißt von Berlin — eine starke Kraft aus. Auch in einer sorgfältigen Ausstellung könnte sich dos Nachkriegs-Wien nicht mehr mit dem Nachkriegs-Berlin vergleichen.

Freilich muß man auch die Bedingungen sehen: Berlin ist noch immer und von neuem das Symbol eines Staates, der eine politische Großmacht ist; Wien- dagegen ist der Wasserkopf usw. West-Berlin allein hat 2,2 Millionen Einwohner, Wien dagegen 1,7 Millionen. Die Viermil-lionenstadt, mit der die Wiener Stadtplanung der Monarchie gerechnet hat, ist Berlin in den zwanziger Jahren tatsächlich geworden.

Einen Hinweis verdient die zur freien Ansicht aufliegende Literatur: darunter die Dokumentation des internationalen Architekturwettbewerbs „Hauptstadt Berlin“; der Planungsatlas Berlin; ferner „Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin“, ein Werk, das etwa unseren Dehio-Handbüchern entspricht, aber mit genauer Baugeschichte und Abbildung jedes Objektes; ein Band mit Schinkels Arbeiten für Berlin.

Diese vier Beispiele stehen für die wissenschaftliche Arbeit, die sich dort — im Auftrag öffentlicher Stellen — mit Berlins baulicher Vergangenheit und Gegenwart beschäftigt.

Die beigefugte Illustration ist nicht der Ausstellung entnommen; sie stellt vielmehr einen Beitrag von lokalem Interesse dar. Im Jahre 1962 beauftragte der Berliner Bausenator die zehn Preisträger des Wettbewerbs „Hauptstadt Berlin“, unter denen sich Wilhelm Holzbauer befand, mit Bebauungsvorschlägen für den Raum Mehringplatz-Blücherplatz (südlich des Zonenüberganges Friedrichstraße). Wir bringen den Entwurf, den die Arbeitsgruppe 4

(Holzbauer, Kurrent, Spalt) damaU ausgearbeitet hat, hier deshalb, we%l die Arbeitsgruppe 4 ähnliche terrassenförmige Bebauungen auch für Wien vorgeschlagen hat.

Die Form des Terrassenhauses, wie sie zum Beispiel Loos konzipiert hat, gibt den außenliegenden Wohnungen ein Maximum an Licht und Freiraum; im Inneren liefert sie den Platz für Räume der Gemeinschaft, Säle, Kinos, Bäder und bestimmte Arten von Betrieben, die durch schachtartige Offnungen mit zusätzlichem Tageslicht versorgt werden können.

Dies ist also eine rationelle städtische Bebauung, die hochwertige Wohnungen, Arbeitsstätten und zentrale Einrichtungen integriert. Freilich bricht dieser Vorschlag mit dem durch die Entwicklung bereits überholten Konzept des sozialen Wohnbaues. Der Entwurf entkräftet aber die Behauptung von Seiten des Stadtbauamtes, ein solches Terrassenhaus sei nie durchgezeichnet worden.

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