Markus Prachensky erinnert an Otto Mauer.
Meiner Meinung nach war Otto Mauer ein Mann der Freiheit mit einem starken Geist der Freiheit. Das führte ihn schon in jungen Jahren in die Nähe der Kunst, die ja die Freiheit per se ist und in absolute Gegnerschaft zur Nazidiktatur. Diese Gegnerschaft, aus der er auch öffentlich keinen Hehl machte, brachte ihn des Öfteren in Gestapo-Haft, die ihn aber nicht brach, sondern seinen Freiheitsdrang bestärkte.
Er erlebte das Vakuum nach 1918 mit der ganzen Aufbruchsstimmung der 20er und 30er Jahre und ebenso wie wir das tiefe und schwarze Loch des Faschismus und Nationalsozialismus. Alle Generationen mussten danach bei Null beginnen. Nachdem wir vier jungen Maler Hollegha, Mikl, Rainer, Prachensky in seiner Galerie St. Stephan Einzug gehalten hatten, fand er bei uns - so sehe ich es - diesen selben Drang zur Freiheit, den wir, eine Generation jünger als er, weiter lebten.
Otto Mauer setzte sich in dieser Zeit mit großer Begeisterung und flammenden Reden für eine Malerei ein, die es bis dato in Österreich nicht gab und die, als es sie dann gab, vom aufgeklärten Großbürgertum ebenso abgelehnt wurde wie von der Presse. Erst das große positive Interesse aus dem Ausland lehrte, auch heimische Augen anders zu sehen.
Mauers Verhältnis zur Kirche war nicht immer einfach und friktionsfrei. So musste er zum Beispiel, da das Programm der Galerie die höheren Kirchenkreise störte (ich möchte jetzt keine Namen nennen), den Namen der Galerie auf "nächst St. Stephan" ändern.
Meine persönlichen Erinnerungen an Otto Mauer sind die vielen durchdiskutierten Nächte in seiner Wohnung in der Singerstraße, die gemeinsamen Atelierbesuche bei sehr bekannten Malern und Bildhauern in Paris. Um einige Namen zu nennen: Bei Soulage, Matthieu, Yves Klein oder Jean Arbes. Bemerkenswert bei diesen Besuchen war seine große, fast kindliche Neugierde, mit der er sich dem Werk und den Personen näherte.
Bei vielen meiner Freunde im Ausland - Frankreich, Italien, Deutschland - ist Otto Mauer ein unvergessener Begriff der österreichischen Kultur. Er war ein Mann, der Menschen einte in ihren Ideen und ihren Werken.
Markus Prachensky und ähnliche Erinnerungen von Josef Mikl und Wolfgang Hollegha sind anlässlich des 100. Geburtstags von Otto Mauer in der Ö1-Reihe "Gedanken für den Tag" zu hören.
GEDANKEN FÜR DEN TAG
Zum 100. Geburtstag von Otto Mauer
Montag, 12.Februar, bis Samstag, 16. Februar, 6.57, Ö1
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!