Lebensträume & vergrabene Talente

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Kein Wort scheint so oft in der Sommerwerbung benutzt zu werden wie "Traum": Traumferien, Traumschiffe, Trauminseln - und sogar die dafür notwendigen "Traumbedingungen" für die Kreditnehmer sind überall präsent. Einen Traum zu haben ist also wichtig und sehr nobel. Die Kraft, an einem Lebenstraum über die Jahre festzuhalten und ihn auch zu verwirklichen, ist selten. Aber man liest das gerne in Illustrierten als Happy-End-Story.

Dazu zwei Geschichten der letzten Monate, die ich gehört habe - und die leise Frage, ob es beim Traumberuf nicht eher um unsere vergrabenen Talente im biblischen Sinn geht.

Selten merkt man schon nach ein paar Sätzen, dass jemand in seinem Beruf glücklich ist. Dieser Pilot einer Fluggesellschaft ist es ganz bestimmt. Lange hatte er mit Erfolg eine Consultingfirma aufgebaut - bis er sich, kurz vor seinem 40. Geburtstag, fragte, was aus seinem Traum, Pilot zu werden, geworden ist. Er steckte sein ganzes Geld in die Ausbildung - und hatte Glück, dass gerade Pilotenmangel herrschte.

Der Friseur in Warschau berichtet verwundert von seinem Lehrling: Eines Tages stand ein rund 30-jähriger blasser Bankangestellter vor ihm, der erzählte, dass er plötzlich auf der Straße diesen typischen Geruch des Friseursalons von Seife, Shampoo & Co. gerochen habe. Dieser Beruf sei immer sein Kindheitstraum gewesen. Die Eltern - Akademiker - haben ihn ausgelacht. Natürlich hat man nichts gegen Handwerker, aber … Der Mann hat heimlich seine Lehre gemacht und die Meisterprüfung bestanden. Heute ist er selbstständig und erfolgreich, aber, sagt der alte Friseur, seine Frau hat sich scheiden lassen …

Ich hoffe, dass Sie gerade Ihren Traumurlaub genießen und über alte Träume in Ruhe nachdenken können: War das eine Illusion oder ein richtiger Traum?

Die Autorin war von 2000 bis 2004 polnische Botschafterin in Österreich.

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