Strengster Monotheismus

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Streitpunkt Dreifaltigkeit

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Streitpunkt Dreifaltigkeit

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F ür Juden und Muslime ist die Vorstellung einer Dreieinigkeit Gottes schwierig, so wie sie das Christentum von jeher lehrt: Weil es in Jesus von Nazareth die Brücke zwischen Gott und den Menschen erkennt. Das Judentum lehnt die Vorstellung von der Menschwerdung Gottes aber entschieden ab und lehrt den strengsten Monotheismus. Darauf bezieht sich das Wort Salomos (Kohelet 4,8) von dem „Einen ohne Zweiten, der keinen Sohn und keinen Bruder hat“. Und in der Auslegung zur biblischen Geschichte von der Opferung Isaaks stellt die jüdische Tradition die Frage: „Wenn Gott es nicht mit ansehen konnte, dass Abraham seinen Sohn opferte, hätte er seinen eigenen Sohn töten lassen, ohne die ganze Welt zu zerstören und sie zum Chaos zu machen?“

Gerade die mittelalterliche Religionsphilosophie hat eindringlich auf die Widersprüche und die logische Unmöglichkeit einer Dreifaltigkeit hingewiesen. Der große Moses Maimonides (12. Jh.) lehrte, dass Gott absolut jenseitig und hier auf Erden nur durch negative Attribute beschreibbar sei. Positive Aussagen ermöglichen einzig sein Handeln in der Geschichte: durch die Weisung seiner Tora und durch die Bundesgenossenschaft mit seinem Volk Israel. Der Glaube an die Dreifaltigkeit widerspricht für Chasdai Crescas (14. Jh.) dem Grundsatz, dass Gott eine notwendige Existenz ist. „Wenn wir sagen, dass der Sohn geboren ist, dann ist auch Gott geboren. Wenn nun Gott geboren ist, dann ist er geschaffen und verursacht. Wer aber geschaffen ist, ist keine notwendige Existenz.“

Und deshalb resümierte Jehuda Halevi (12. Jh.): „Bei der Lehre der Dreifaltigkeit ist für die Vernunft kein Platz.“ Für die Vernunft nicht, aber vielleicht für die Mystik. Denn im kabbalistischen Schrifttum, z.B. im Sohar aus dem 13. Jahrhundert, wird durchaus von Gott in zehn Seinsweisen gesprochen. Vielleicht entging der Sohar deshalb der Bücherverbrennung, die die Franziskaner 1553 auf dem Campo dei Fiori Roms anordneten.

* Der Autor leitet die Rabbiner-Ausbildungsstätte Abraham Geiger Kolleg in Berlin.

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