Eine Aufregung über ein schlechtes Rapid-Spiel hatte den leidenschaftlichen Fussballanhänger im Oktober ins Spital gebracht, dann aber kehrte er noch einmal - zur Geburtstagsfeier seines 89ers - in den Freundeskreis zurück: zu Sinowatz und Gratz, Zilk, Androsch und nur wenigen mehr. Im Alter lichten sich die Reihen. Aber als am 5. Dezember sein Tod bekannt wurde, besann sich das ganze Land noch einmal seiner Verdienste: von einem der Baumeister einer stabilen Republik, die heute anderen Gesetzen als zu seinen Zeiten folgt.
Anton Benya übernahm 1963 den Österreichischen Gewerkschaftsbund, als eine schwarzrote Koalition regierte, und übergab ihn 1987, in Zeiten einer rotschwarzen Koalition; aber dazwischen lagen turbulente Jahre. Zuerst galt es, den ÖGB nach dem Konflikt mit seinem Vorgänger Franz Olah wieder auf Parteikurs zu bringen. Die persönliche Kluft zu Olah sollte sich bis heute als unheilbar erweisen. Dann galt es, die Sozialpartnerschaft während der schwarzen Alleinregierung Klaus zu retten. Es gelang. Dann wollte Benya Hans Czettel statt Bruno Kreisky als SPÖ-Vorsitzenden. Kreisky eroberte den Parteitag, bei Benya blieben Schrammen zurück, die nur langsam heilten.
Als die Achse zwischen Gewerkschafts- und Parteichef intakt war, wollte Kreisky seinen Finanzminister Hannes Androsch loswerden. Benya verteidigte letzteren jahrelang, ehe er an dieser Front kapitulieren musste. Kreiskys Kurs des klugen Ausgleichs mit der katholischen Kirche machte Benya ohne Zögern, die Verteidigung von Arbeitsplätzen auch um den Preis horrender Steuerkosten freudig mit. Zuletzt war Benya Nationalratspräsident: gemäß überkommenem Besitzstanddenken, nicht dank besonderer Eignung; der Posten war eben Gewerkschaftsanspruch. Das alles war, was die Presse im Nachruf als "Apparatschik - mit Format" überschrieb.
Sein Format bewies Benya vor allem in der Zusammenarbeit mit seinem Visavis von der ÖVP-Wirtschaftsseite, Rudolf Sallinger. Es war eine geradezu geniale Kooperationsachse zwischen zwei Männern, die ohne hohen intellektuellen Anspruch und ohne rhetorische Brillanz Politik mit Instinkt und großem Anstand zu gestalten wussten. Beide waren einander verlässliche Partner, wussten die Interessen der ihnen Anvertrauten zu wahren, ohne die andere Seite zu überfordern. Sie kannten die Möglichkeiten und Grenzen der Zumutbarkeit, blieben unbestechlich und bescheiden im Lebensstil. Österreich verdankte ihnen Ansehen und Stabilität. Hubert Feichtlbauer
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