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Innenpolitik im August

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Der Monat August ist für die österreichische Innenpolitik der ruhigste des ganzen Jahres. Was gibt es schon zu vermerken: Wo welcher Politiker seinen Urlaub verbringt, ist wohl nicht einmal für die Leser der Parteipresse von Interesse. Da greift man schon viel lieber nach Seeschlangen und Habsburg-Alarm. Mitten im August belebte jedoch das Zentralorgan der SPÖ, das seit dem 6. März sehr erfreuliche Ansätze zu einer lebendigen und diskussionsfreudigen Gestaltung aufweist, das politische Geschehen. Es war zwar nkht gerade eine Sensation, welche das Parteiorgan den Urlaubern und den Daheimgebliebenen servieren konnte: Die Interviews mit dem Parteivorsitzenden Dr. Pittermann, mit Dipl.-lng. Waldbrunner, mit ÖGB-Präsident Benya und mit Dr. Kreisky waren keine innenpolitischen Bomben, sie warfen jedoch Schlaglichter auf die innerparteiliche Kräftekonstellation und auf die Auseinandersetzungen, von denen die SPÖ wie jede andere demokratische Partei heimgesucht wird, welche die SPÖ aber (zumindest bisher) hinter der Fiktion des Monolithismus zu verbergen versucht hatte.

Die Gespräche des „AZ“-Chef- redakteurs mit den Spitzenpolitikern der SPÖ hatten einen innerparteilichen Schwerpunkt. Was Pittermann, Waldbrunner und Benya zum Stil der Opposition im Parlament, was sie zur bisherigen Politik der Regierung zu sagen hatten, hielt sich in bereits abgefahrenen und deshalb uninteressanten Bahnen. Nur Kreiskys Forderungen nach „kulturpolitischer Radikalität“, nach einem „neuen Versammlungsstil“ und nach „offener Pressepolitik“ hoben sich davon positiv ab. Spitzen hinter dem sanften Ton des Gesprächs kamen bei allen Interviews erst dann zum Vorschein, wenn die Sprache auf die Reform der Partei kam. Da sprach sich Pittermann entschieden für organisatorische Reformen aus (Anpassung an di ; „gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse“, „Abbau von Ämterkumulierungen“), um bei der Frage einer personellen Erneuerung viel reservierter zu werden (es wäre notwendig, „die junge Generation“ erst einmal „für die Ablöse vorzubereiten“). Waldbrunner richtete seine Pfeile gegen die „Starverehrung“

und die „Methode Karajan" und strich besonders stark Teamarbeit und kollektive Führung heraus. Mußte man bei Pittermann und Waldbrunner zwischen den Zeilen lesen, so wurde Benya viel deutlicher; er meinte zur organisatorischen Reform, er glaube, „daß die Exekutive in ihrer heutigen Form nicht weiterbestehen wird“. Zur personellen Frage sagte er, er halte „manche Funktionstrennung für notwendig... Der Parteivorsitzende, der im Jänner gewählt wird, hat die Aufgabe, eine junge Mannschaft aufzustellen ... Er wird dabei... vom Klubobmann unterstützt werden ...“ Kreisky stieß in dasselbe Horn: „Ich bin der Meinung, daß der Obmann des sozialistischen Parlamentsklubs ganz einfach nicht in der Lage ist, andere gleichwertige Funktionen, wie etwa die des Parteivorsitzenden, auszuüben.“ Deutlicher geht es wirklich nicht mehr, denn sowohl der Parteivorsitzende als auch der Klubobmann heißen Pittermann. „Wenn ein General eine Schlacht verloren hat, dann mußte er einst auch persönlich die Konsequenzen ziehen“, schrieb Rupert Gmoser im steirischen SP-Organ...

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