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Zum 60. Mal findet heuer das Europäische Forum Alpbach statt - unter dem Generalthema "Grenzen und Grenzüberschreitungen". Wie schon im Vorjahr widmet die furche dem Denkertreffen vier Sonderseiten: Fritz Molden sowie Tirols Landeshauptmann Herwig van Staa kommen zu Wort; ganz andere Perspektiven bringen die Simultandolmetscherin Ingrid Kurz, seit 40 Jahren in Alpbach im Einsatz, sowie der mazedonische Student Andreja Penov ein. Ein Porträt des Malers Heinz Weiler, der im Rahmen des Forums seinen Bilderzyklus "Alpbacher Album" ausstellt, sowie Anregungen zum Wandern und Laufen im Bergdorf runden die Beilage ab.

Fritz Molden, Bruder des Alpbach-Gründers Otto Molden, im Gespräch über die Kontinuitäten und Brüche in der Entwicklung des Europäischen Forums seit 1945.

Die Furche: Das Europäische Forum findet heuer zum 60. Mal statt. Voriges Jahr lautete das Generalthema "Kontinuitäten und Brüche". Wo zeigt sich im Falle von Alpbach selbst die Kontinuität durch all die Brüche im Lauf der Zeit hindurch?

Fritz Molden: Die zeigt sich eindeutig beim Thema "Europa". Europa ist schon 1945 genannt worden; 1946, noch vor der Churchill-Rede in Zürich, ist in einer Resolution zur Vereinigung des geistigen Europas aufgerufen worden. Europa ist immer die Basis gewesen. Es ging immer um eine Kombination von wissenschaftlichen, kulturellen, politischen, wirtschaftlichen Schwerpunkten, um hier europäische Gemeinsamkeiten und Möglichkeiten auszuloten. Mir wäre dabei wichtig, deutlich zu machen, dass Alpbach nicht nur schon zum 60. Mal stattfindet, sondern dass es hoffentlich noch viele Jahre sich weiterentwickeln wird.

Die Furche: Offensichtlich gibt es eine sehr starke Dominanz von Wirtschaft und Technologie beim Europäischen Forum...

Molden: Nun, Alpbach ist heute viel größer und kostet auch viel mehr als früher. Trotz Förderung durch die Wirtschaft ist das Forum aber frei in der Setzung und Diskussion der Themen im Sinne der Entwicklung des europäischen Geistes. Aber wenn Sie sich das Programm anschauen, werden Sie sehen, dass noch immer die große Mehrzahl der Veranstaltungen nicht Wirtschaft und Technologie gewidmet ist, sondern Politik, Philosophie, Medizin etc.

Die Furche: Wo liegen die Brüche, was hat sich seit den Anfangsjahren verändert?

Molden: Darüber kann man lange sinnieren. 1945 waren wir rund 90 Leute, damals kamen wir in ein Dorf, in dem es keine Straße gab, man konnte nur mit Jeeps o. ä. fahren, erst ab 1947 gab es einen Autobus, die Teilnehmer sind von Brixlegg zweieinhalb Stunden zu Fuß nach Alpbach gegangen... Das war ein anderes Alpbach. Damals war von Wirtschaft überhaupt keine Rede, die Teilnehmer waren zwischen 20 und 30, der älteste war Simon Moser, ein junger Dozent, der war Mitte 40, mein Bruder Otto (Gründer des Forum Alpbach, gemeinsam mit Moser; Anm.) war 1945 27, ich war 21. Trotzdem hat sich Alpbach etwas von seinem ursprünglichen Charakter bewahrt.

Die Furche: Was sind die wesentlichen Impulse und Akzente, die in den letzten Jahren unter Erhard Busek gesetzt worden sind?

Molden: Busek hat versucht, den Osten Europas stärker nach Alpbach zu bringen, und es ist ihm vor allem gelungen, die Zahl der Studenten sehr stark zu erhöhen. Das ging nur durch die Bereitstellung von Stipendien, denn für einen normalen Studenten ist Alpbach zu teuer, der kann sich das nicht leisten.

Die Furche: In welche Richtung soll sich das Europäische Forum bewegen, was würden Sie sich für die nächsten Jahre wünschen?

Molden: Ich würde mir wünschen, dass wir noch stärker als bisher das Wachsen Europas vorantreiben, dass wir entsprechende Themen aus Philosophie, Politik, Wirtschaft forcieren. Es werden sicher auch die ost- und südosteuropäischen Länder noch mehr nach Alpbach kommen. Hier könnte man auch ganz konkrete Fragen wie einen EU-Beitritt der Türkei oder anderer schwieriger Länder diskutieren - auf hohem Niveau und ohne das Geschrei der Politiker, wie wir das in diesem schrecklichen EU-Wahlkampf zuletzt erlebt haben. Der Ton und die Art dieser Auseinandersetzungen waren ja unerträglich, das will ich in Alpbach nicht haben.

Die Furche: Wie parteipolitisch unabhängig ist das Europäische Forum?

Molden: Alpbach war nie eine ÖVP-Veranstaltung. Natürlich, Tirol ist nicht Favoriten, das lässt sich nicht abstreiten; aber es waren in Alpbach immer Persönlichkeiten aus allen ideologischen Richtungen. Wenn Alpbach anfinge, zur Vorfeldorganisation einer Partei - welcher auch immer - zu werden, dann wäre es vorbei, dann könnten wir zusperren.

Das Gespräch führte Rudolf Mitlöhner.

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