6917821-1981_33_05.jpg
Digital In Arbeit

Tal der Gespräche

Werbung
Werbung
Werbung

Zum 37. Mal versammeln sich in diesem Sommer (ab 23. August) für fast vierzehn Tage in Alpbach Wis­senschaftler, Künstler, Politiker und Wirtschaftsführer, um über wichtige Probleme zu diskutieren.

Seit sich im Sommer 1945 in dem damals noch fast unbekannten klei­nen Alpbachtal, das sich von Brixlegg parallel zum Zillertal in die Berge der Kitzbühler Alpen erstreckt, zum er­sten Mal Intellektuelle versammelten, ist Alpbach und das ihm zu Füßen lie­gende Tal ein Begriff für geistige Dis­kussionen und tolerante Zusammen­arbeit auf hohem Niveau geworden.

Kaum eine andere kulturelle Insti­tution in Europa hat mit derselben In­tensität und Kontinuität, mit immer größerer Ausstrahlung, durch fast vier Jahrzehnte ihre Arbeit durchgeführt wie das österreichische College mit dem „Europäischen Forum Alp­bach“. In keinem anderen Dorf Euro­pas haben sich in den vergangenen 36 Jahren so viele bedeutende Persön­lichkeiten der westlichen Welt zu ge­meinsamen Gesprächen versammelt.

Vom Tiroler Gebirgsort Alpbach haben, führende Wissenschaftler, dar­unter eine große Anzahl von Nobel­preisträgern, wie auch hervorragende Künstler - Dichter, Musiker, Maler und Bildhauer - sowie Politiker aller Richtungen und Persönlichkeiten der Wirtschaft zu vielen Problemen, ins­besondere der westlichen Welt, Stel­lung genommen.

Das seltsame Zusammenwirken der Arbeit einer größeren Gruppe geisti­ger Menschen mit einer ganz be­stimmten kontemplativen Atmosphä­re, die die Landschaft und das schöne Dorf sowie der das Tal umgebende cordon sanitaire der großen Einsam­keit der Gebirge und Wälder aus­strahlen, haben seit 1945 einen wach­senden Kreis von Menschen fasziniert und immer wieder angezogen. Trotz vieler Mängel, die zweifellos die Alp­bacher Arbeit begleiten, hat sich doch ein ganz bestimmter Stil des Zusam­menlebens und Zusammenarbeitens herausgebildet, der von manchen der „Spirit of Alpbach“ genannt wird.

So ist es gelungen, in jedem Jahr ei­nen bestimmten Problemkreis als Ge­neralthema der Gesamtarbeit heraus- zustellen. Die Summe dieser 36 Gene­ralthemen seit 1945 ergibt zugleich ei­nen interessanten, wenn auch sicher lückenhaften Überblick über die wichtigsten geistigen Phänomene der Jahrzehnte nach dem Zweiten Welt­krieg.

Die Vielfalt dieser Generalthemen, innerhalb derer wissenschaftliche, kulturelle, politische und wirtschaftli­che Fragen behandelt werden, läßt sich schon erkennen, wenn man nur die letzten fünf von ihnen Revue pas­

sieren läßt: 1976 „Grenzen der Frei­heit“, 1977 „Konflikt und Ordnung“, 1978 „Der Mensch in der unvollkom­menen Gesellschaft“, 1980 „Konse­quenzen des Fortschritts“.

Fast immer gehen diese General­themen inhaltlich, obwohl sie jedes Jahr andere Probleme behandeln, kontinuierlich ineinander über. So wird in diesem Sommer das General­thema „Strukturen im Umbruch" lauten und versuchen, einige der we­sentlichen Fragen des sozialen, kultu­rellen und politischen Umbruchs ebenso wie die Veränderungen der Denkstrukturen in den Wissenschaf­ten aufzuzeigen.

Dementsprechend werden in Ar­beitsgemeinschaften und Plenarveran­staltungen unter anderen folgende Fragen behandelt werden: Genese und Stabilität von Strukturen; die bio­logische Evolution und die Zukunft des Menschen; Verfall der Ordnung?, der Verschleiß politischer Ideologien; Verfall und Erneuerung der Baustruk­tur; Strukturwandel in den literari­schen Formen; Gesetzgebung und Gesellschaftsstruktur; Zusammenle­ben der Völker; Realismus und Uto­pie in der Beurteilung der Wirt­schaftsstrukturen; Symptome kultu­rellen Umbruchs (Kulturverdrossen­heit, Gegenkulturen, Alternativbewe­gungen).

Bei den Arbeitsgemeinschaften. Plenarveranstaltungen und den Euro­päischen Gesprächen werden neben Wissenschaftlern und Wirtschaftsfüh­rern aus Europa und den USA auch der berühmte russische Dichter und Satiriker Wladimir Woinowitsch, der tschechische Schriftsteller Ota Filip, die Dichterinnen Hannelies Taschau und Jutta Schütting, die österreichi­schen Bundesminister Broda, Firn­berg und Pahr sowie Staatssekretär Seidel, die bayerischen Staatsminister Schmidhuber und Hillermeier, der se­negalesische Außenminister Mousta- pha Niasse, der indische Außenmini­ster Rao, der portugiesische Justizmi­nister Meneres Pimentei, der frühere deutsche Bundespräsident Walter Scheel, das Mitglied des Nationalen US-Sicherheitsrates der USA, Wil­liam Lloyd Stearman, EG-Industrie­kommissar Karl Heinz Narjes, der Präsident des deutschen Industrie- und Handelstages, Otto Wolff von Amerongen, und Österreichs Natio­nalbankpräsident Stephan Koren mit­wirken. Eine Ausstellung wird sich mit dem Werk des letzten lebenden deutschen Expressionisten, nämlich des in Alpbach lebenden Werner Scholz, befassen.

Die FURCHE hat heuer den verdienten Mit­begründer und Spiritus-Rector des Forums Alpbach um eine einbegleitende Stellungnah­me gebeten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung