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Der Wandel der FPO unter Jörg Haider

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Der Aufstieg der FPÖ seit der Übernahme durch Jörg Haider im September 1986 bis zum Wahlerfolg vom 9. Oktober 1994 mit 22,5 Prozent Stimmenanteil läßt sich, so die Politologen Fritz Plasser und Peter Ulrarn in ihrer Studie „Radikaler Rechtspopulismus in Österreich - Die FPÖ unter Jörg Haider“ (dazu auch Seite 1), in zwei Phasen ein teilen: vor 1990 habe sich die FPÖ als unideologische, jugendliche Aufsteigerpartei präsentiert, nach 1990 als stark ideologisch ausgerichtete rechtspopulistische Bewegung, deren Erfolge untrennbar mit „Auflösungserscheinungen des traditionellen Parteiensystems“ verbunden sind.

Der Aufstieg der FPÖ sei eng an politisch-kulturelle Veränderungen im Bewußtsein wie in den Einstellungen der österreichischen Wähler schaft gebunden, meinen Plasser und Ulram: „Zu einer emotional aufgeladenen Wählerprotestkultur kommen neue sozio-ökonomische Bedrohungslagen wie Modernisierung- und Marginalisierungsängste, Ängste vor einem drohenden sozialen Statusverlust wie Identitäts- und Orientierungskrisen vor dem Hintergrund einschneidender internationaler Veränderungen.

IST HAIDER KOALITIONSFÄHIG?

Einer der Kernpunkte von Haiders Erfolgsmasche ist, so die Politologen, eine „konsequente Strategie der Polarisierung sowie der Aktivierung latent vorgegebener neuer konflikt- und Spannungsmuster“. Mit dieser Strategie der Polarisierung verändere Haider die „traditionelle Wettbewerbslosik des österreichischen Par teiensystems“ ebenso wie den „für Österreich über Jahrzehnte charakteristischen Stil konsensualer Konfliktaustragung“. Sinnbild und Symbol für diese traditionelle Art der Konfliktaustragung ist die Sozialpartnerschaft.

Theoretisch gebe es eine Möglichkeit, um Jörg Haiders Angriff auf Österreichs traditionelles politisches System abzuwehren, räumt Ulram ein: „Das ist dann möglich, wenn Haider als Zweitstärkster in einer Koalition eine konstruktive Rolle spielen müßte.“

Genau dies sei aber von Jörg Haider nicht anzunehmen, mutmaßt Ulram: „Wenn er sich in der Radikalität seiner Aussagen wieder zurücknimmt, werden ihm auch seine Wähler davonlaufen. Seine Strategie ist auf eine Polarisierung und »ine Blockbildung hin aufgebaut. In einer

Koalition würde er wohl seinen Koalitionspartner solange vor sich hertreiben, bis die Koalition geplatzt ist und er selber an erster Stelle steht.“

Bereits in der Vergangenheit habe sich dieses Dilemma mehrmals gezeigt. „Immer wenn Haider versucht hat, durch eine moderate Rolle bei den anderen Parteien wieder salonfähig zu werden, hat sich das in den Verlust von Attraktivität niedergeschlagen“, meint Plasser: „Er braucht die Radikalisierung und Wahlkampfatmosphäre, um erfolgreich zu sein.“

Eine nächste Chance zur „Radikalisierung“ könnte Haider von den Koalitionsparteien 1996 frei Haus geliefert bekommen: Nämlich dann, wenn wie in den Koalitionsverhandlungen besprochen, 1996 ein Plebiszit über die Kammern-Pflichtmit- gliedschaft stattfinden soll.

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