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Habsburger-Nostalgie in Italien

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Ein Barocksaal mit Jugendstilelementen, von dessen stuckverzierter Decke zwei riesige Luster baumeln. An den geschmückten Tafeln festlich gekleidete Gäste, umsorgt von distinguierten, schwarzbefrackten Kellnern, die jedem Wiener Nobelrestaurant Ehre machen würden. Auf dem Parkett einige Dutzend Paare - die Damen im Look der Jahrhundertwende, die Herren in den farbenprächtigen Monturen der altösterreichischen Armee, sich wiegend im Dreivierteltakt. Gastgeber sind - gut gespielt - der Erzherzog und seine Gemahlin persönlich. Glanz und Glorie der Kaiserzeit, wiedererweckt für einen Abend, nicht etwa in Schönbrunn oder Schloß Belvedere, sondern im Casifio von Arco, der südlichsten Stadt des alten Tirol.

Anlaß für diesen spektakulären Ausflug in die Vergangenheit war ein Internationales Historikertreffen im Rahmen der I lundertjahrfeier zur Erinnerung an den Tod von Erzherzog Albrecht von Osterreich und den Bourbonenkönig Franz II. Beide gehörten zu jenen Repräsentanten ihrer Zeit, die entscheidend zum Ruf und Flair von Arco als Kurstadt beitrugen. Erzherzog Albrecht hatte durch die Wahl dieses Ortes nördlich des Gardasees als seine Winterresidenz die Entwicklung Arcos zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt der österreichisch-ungarischen Monarchie eingeleitet. Noch heute spricht man vom „Arco felix”, wenn man an diese Epoche denkt.

Für die kleine Stadt am Ausgang des Sarcatales war es tatsächlich ein Glück, daß sich im Jahre 1872 Erzherzog Albrecht, ein Vetter von Kaiser Franz Joseph, dort niederließ. Der „Sieger von Custozza” gab sich im schönen Arco so mild wie das Klima, ließ um sein Palais einen prächtigen Park mit exotischen Bäumen und

Pflanzen anlegen und erwies sich bald als Magnet für wohlhabende Zuzügler aus Aristokratie und Bürgertum und illustre Gäste.

So wurde aus dem bescheidenen Marktflecken innerhalb weniger Jahre ein eleganter Kurort. Die Neubürger wetteiferten in der Gestaltung ihrer Villen und Gärten, noble Hotels, Kurhäuser und stilvolle Anlagen für gesellschaftliche Anlässe entstanden. Eine Kleinbahn, an die nur mehr das schmucke Stationsgebäude erinnert, brachte den Anschluß an die Eisen bahnlinie zum Brenner. Das Casino, in dem heute Stadtsaal und Stadtbibliothek untergebracht sind, ließ einst ein reicher Gast aus München errichten. Dieser Jugendstilbau ist Mittelpunkt der Kurzone mit den luftigen Wandelhallen und Promenadeparks.

Wegen der pittoresken Lage am Fuß des markanten Burgfelsens und seiner mediterranen Vegetation war Arco schon immer ein beliebtes Motiv für Künstler. Die bekannteste Ansicht schuf aber nicht der berühmte Sohn des Ortes, Giovanni Segantini, sondern Albrecht Dürer.„Untergang der Monarchien im Spiegel eines Kurortes” lautete der Titel der Historikertagung, die sich auch mit dem Schicksal anderer Kurstädte des Habsburgerreiches befaßte. Trotz einer gewissen Wehmut der Rückschau sollte die Veranstaltung - wie Bürgermeister Riccardo Morandi sagte - auch dem Blick in die Zukunft nützen.

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