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MIGUEL A. ASTURIAS / POLITIK UND INDIANISCHE MYSTIK

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„Für seine farbige Dichtung, die ihre Wurzel in indianischen Traditionen und volkstümlicher Eigenart hat“, so entschied die Schwedische Akademie, wird der Nobelpreis für Literatur 1967 Miguel Angel Asturias zugesprochen. Laut Nobels Testament ist der Literaturpreis mit rund 1,5 Millionen Schilling dotiert,

seit 1921 alljährlich für denjenigen bestimmt, „der das durch hohe ideale Ziele ausgezeichnetste literarische Werk“ hervorgebracht hat. Politische Ziele, soziales Engagement für die Völker Südamerikas und die magische Welt ihrer Eingeborenen verbinden sich eng im Leben und Werk des guatemaltekischen Diplomaten, der seit 1966 sein Heimatland als Botschafter in Frankreich vertritt.

Als Sohn einer indianischen Mutter blieb Miguel Asturias von der mystischen Symbolwelt der versunkenen Mayakultur fasziniert, auch als er im aufgeklärten Klima der San-Carlos-Uni-versität von Guatemala Jus studierte, die erste Studentenvereinigung des Landes gründete, die kulturpolitische Zeitschrift „El Diario del Aire“ redigierte und schließlich nach Europa an die Sorbonne zog. Was er in Paris 1928 mit einer Arbeit über „Religionen und Mythen der Eingeborenen Amerikas“ wissenschaftlich erörterte, fand 1930 in „Leyendas de Guatemala“ (deutsche Ubersetzung: „Legenden aus Guatemala“, 1960) ersten dichterischen Ausdruck. Nach der Pro-

motion zum Doktor der Rechte mit einer Dissertation über „Das soziale Problem der Indianer“ trat Asturias in den diplomatischen Dienst und repräsentierte Guatemala zuerst als Kulturattache' in Mexiko, später als Gesandter in Argentinien, Frankreich und El Salvador, Nach dem Sturz der Regierung Jakobo Arbenz ging er 1954 ins Exil nach Paris und wurde erst vor einem Jahr nach dem Sieg der linksstehenden Revolutionären Partei zum Chef der guatemaltekischen Botschaft an der Seine ernannt 1966 bekam er den Lenin-Friedenspreis zugesprochen.

Unter den zehn Romanen von Miguel A. Asturias fand sein 1946 erschienenes Buch „El Senor Presidente“, das heute bereits in 16 Ubersetzungen vorliegt (deutsche Ubersetzung: „Der Herr Präsident“, 1957), größten Erfolg und internationales Ansehen. 1952 errang er in Frankreich damit den Internationalen Romanpreis. Asturias selbst nannte diesen satirischen Roman, der in düsteren Farben das Milieu eines Landes unter Polizeiregime schildert, „das Bild einer Diktatur, wie es für alle

Länder Gültigkeit hat“. Dasselbe sozialpolitische Engagement

spricht aus dem gleichfalls weltbekannten Roman von 1949 „Hombres de maiz“ (deutsche Ubersetzung: „Die Maismänner“, 1956), ein Versuch, die versunkene Mayawelt mit den aktuellen Problemen eines südamerikanischen Volkes von heute Zu konfrontieren. Das gesamte dichterische Werk Asturias in Prosa und Lyrik sucht diese Symbiose von sozialem Engagement und indianischer Mystik.

Als Miguel A. Asturias an einem 68. Geburtstag in Paris von seiner Wahl zum Träger des Nobelpreises für Literatur erfuhr, antwortete er: .JDieser Preis ist eine große Ermutigung nicht nur für mich, sondern für ganz Lateinamerika. Der Romanschriftsteller muß Zeuge Seiner Zeit sein, er muß der lebendigen Wirklichkeit seines Landes nachspüren, er muß dessen Inspiration erkennen und das Gewissen sprechen lassen, das sieh durch Personen und Situationen zu erkennen gibt. Ich werde in meinem Bemühen fortfahren, die Stimme der Völker wiederzugeben.“

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