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Christliche Atheisten
Ist Gott tot? — Die Frage an sich ist nicht neu. Von Julian Apostatą über Friedrich Nietzsche bis zu Samuel Becketts „Waiting for Godot“ ist sie hundertfach gestellt worden: zweifelnd, hohnlachend, hoffend
Kommunistische „Gottlose“, Atheisten haben sie bejaht. Agnostiker, am. Rand des Christentums, haben sie offengelassen. Quäker und Unitarier haben sie relativiert: gottwohlgefällig leben und vor allem handeln setzt nicht voraus, daß man an den bärtigen Gottvater im Himmel glaubt, der in einem großen Kontobuch Sünden und Guttaten registriert
In den USA gibt es heute eine Bewegung, in einem erstaunlichen Maß durch die großen Magazine, Fernsehen und Radio und ein programmatisches Buch der breitesten Öffentlichkeit vorgestellt („Radical theology and the death of god“ by Thomas J. J. Altitzer and William Hamilton, Bobbs-Merrill, New York), die aus dem protestantisch-theologischen Milieu stammt, quer durch alle ihm zuzuordnenden Kirchen geht, leise Kontakte zu jungen Katholiken hat und selbst (wahrscheinlich indirekt) den Rabbi einer jüdischen Synagoge veranlaßt hat, zu erklären, daß er nicht an Gott, aber an ein „menschenfreundliches“ Verhalten glaubt.
Das hat innerhalb des organisierten religiösen Judentums zu mehr Kontroversen geführt, als die Pro
klamationen der protestantischen Theologen innerhalb ihrer Kirchen: sie wurden teils als komisch empfunden, teils einfach als „Überspitzungen“ gerügt, wenn auch eine Bischofskonferenz die Ablösung J. J. Altitzer von seinem akademischen Posten forderte.
Aber die Dinge lagen in der Luft. Die junge theologische protestantische Intelligenz ließ sich einfach nicht länger gefallen, daß Erwek- kungsprediger der verschiedensten Art, darunter solche mit Millionenzulauf, ihren Lesern oder Hörern mitteilten, Gott hätte gerade mit ihnen gesprochen und die (dann folgende) „Botschaft" gegeben!
Sie sagen, man muß die Sprache der Zeit sprechen. Sie sagen, man muß Abschied nehmen von einem gestrigen Gottesbild, wie ein in einer südstaatlichen Kapelle rezitiertes Requiem „God is dead" es formuliert: „Euer Gott ist tot. Er starb in der Finsternis eures Bildes von ihm. Er starb, weil er krank wurde von euren Träumen von Erlösung. Er starb, weil ihr seine Hand zu krampfhaft festhieltet “. Die Gruppe der „christlichen Atheisten“ bekennt sich zu Christus, dem Mann, dessen Vorbild zu folgen im Jahr 1966 nötiger ist denn je
Aber wird die hier begonnene „Entmythisierung“ des Christentums nicht eines Tages auch über Christus hinweggehen und im „Freidenker- tum“ landen?
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