Die Spiritualität des Ramadan
Ein Fastender distanziert sich von seinen körperlichen Bedfürfnissen, aber hat der Fastenmonat Ramadan auch eine politische Dimension?
Ein Fastender distanziert sich von seinen körperlichen Bedfürfnissen, aber hat der Fastenmonat Ramadan auch eine politische Dimension?
Der muslimische Fastenmonat Ramadan ist eine Zeit der Enthaltsamkeit und der Besinnlichkeit. Das ist unumstritten. Ein Fastender distanziert sich von seinen körperlichen Bedürfnissen, um sich stärker seinen spirituellen Bedürfnissen zu widmen und andere Werte, jenseits des Materiellen, in sich zu entdecken. Besitzt das Fasten nicht aber auch eine politische Dimension?
Viele Muslime würden diese Frage mit dem Hinweis bejahen, der Ramadan erinnere auch an die vielen armen Menschen in der Welt, die das ganze Jahr hindurch kaum zu essen und zu trinken haben. Das Fasten erlege Muslimen auf, sich für die Bekämpfung von Armut in der Welt einzusetzen. Das stimmt auch. Ich frage mich dennoch, ob die im Ramadan entfaltete Spiritualität nicht eine weitere politische Dimension besitzt. Im Ramadan ist es geboten, möglichst viel und intensiv mit Gott zu sprechen, um ihm näher zu kommen. Der Koran lehrt aber, dass die Nähe zu Gott nicht von der Nähe zu seiner Schöpfung getrennt gedacht werden kann.
Eigene Bequemlichkeit
Impliziert dies nicht, dass das Fasten einen geistigen Raum öffnet, um seinen Lebensentwurf zu überdenken und sich Fragen zu stellen: Inwieweit trage ich Verantwortung für andere? Inwieweit ist es mir ein Anliegen, mich für ein erfülltes Leben meiner Mitmenschen einzubringen? Geht es mir nur um mein Glück, oder ist mir das Glück meiner Mitmenschen ein Herzensanliegen? Betrachte ich die Umwelt, die Tierwelt und alles, was um mich herum ist, als zu bewahrenden Selbstzweck oder lediglich als Mittel zum Zweck meines eigenen Glücks? Fasten bedeutet Verzicht auf Dinge, die uns Freude bereiten. Darin liegt ein gewisses Opferbringen. Es geht jedoch nicht um den Verzicht um des Verzichtens willen, sondern darum, sich dafür zu sensibilisieren, auf die eigene Bequemlichkeit zu verzichten, um anderen etwas Glück zu schenken.
Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.
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