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Phantastisches, Expressives, Modisches

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Altösterreichisch, das heißt: bizarr-phantastisch, ein bisserl leger, liebenswert dekadent, geht es bei „Würthle“ zu. Paul Flora, wie stets mit scharfer Spitzfeder gerüstet, zeigt in seinem Stammhaus einige seiner neuesten Blätter: Tirolische und andere Beelzebuben rücken wackeren Bergbauern zu Leibe, der finstere transsylvanische Graf Dracula hat sich, modernen Zeiten entsprechend, auf einem Wolkenkratzerdach etabliert; eine tirolische Dame wird von einem Teuflischen gar — o Schreck! — mit einem Büchel des Dramatikers Franz Xaver Kroetz attackiert... Das Teuflische ist überhaupt neuerdings Floras höchster Spaß. Für ihn, den Bösen, findet er immer neue Maskeraden, ihn vermenschlicht er mit wahrer Freude und literarischer Kennerschaft.

Georg Baselitz macht seit Jäheren auf allen , internationalen Kunstmessen und -markten das „große Geschäft“: Seine „verkehrten“ Landschaften und Porträts, auf den Kopf gestellte Sujets, haben ihm den Ruf als prominenter Avantgardist verschafft. Längere Beschäftigung

„Mensch und Fahne“: Georg Baselitz (1968)

mit seinen Arbeiten endet freilich für die meisten Betrachter dieser expressiv bemalten Leinwände in unvermeidlicher Langeweile. Die Galerie Grünangergasse zeigt nun allerdings ein paar frühere Arbeiten, Zeichnungen und Aquarelle, die Baselitz als einen scharfen Beobachter, einen harten Kritiker menschlicher Situationen ausweisen. Auch hier dominiert natürlich im kräftigen Bleistiftstrich, im modellierenden Pinsel-wascher die expressive Darstellungsweise, auch hier zeigt sich seine Verhaftung im Pathetischen. Aber erstaunt stellt man doch

eine geradezu direkte gedankliche Verbindung zu Werken von Nitsch, Brus und anderen Mitgliedern des Wiener Aktionismus fest: Körperliches, ja Sezierendes erzeugen im Betrachter Spannungen, wie sie der spätere Baselitz kaum noch hervorrufen kann.

Mit Architektur- und Landschaftsblättern ist der Linzer Graphiker Anton Watzl in der Galerie „Wolfrum,“ vertreten. Mit sparsamem Strich festgehaltene Situationen, harmonisch gestaltet, locker hingeworfen... Durchwegs Blätter, die in ihrer Ausgewogenheit imponieren.

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Amerikanischem Möbel-Design hat das Museum des 20. Jahrhunderts Tür und Tor geöffnet: Immerhin sind da Arbeiten nach Entwürfen von Morcel Breuer, Mies van der Rohe, Matta u. a. zu finden. Die „gute Form“ im Büro, von Amerikanern wie Italienern mit besonderer Konsequenz propagiert, triumphiert. Funktionalismus und Design-Stil werden da allmählich zum Kult, drohen aber auch in ihrer Perfektion zu erstarren. .

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Martha Jungwirth stellt in der Galerie „Contact“, Mahlerstraße, ihre neuesten Zeichnungen aus. Geschmackvolle Gestaltungen. Frauen sind das Hauptthema, nicht mehr Schuhe oder andere Requisiten, die in eigenartiger Weise gewissermaßen ein Parfüm haben, dämonisiert wirken. Und sie hat vor allem das Modisch-Kapriziöse, das früher in all ihren Arbeiten spürbar war, mehr oder minder aufgegeben. Es geht ihr nun um Gestalten, räumliche Bezüge, die mit zartem Gestrichel dargestellt werden. Ein imponierender Schritt nach vorn.

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