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Reparatur im Dock?

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In den Adriahäfen Sibenik und Hercegnovi sollen seit dem Sommer 1974 sowjetische Kriegsschiffe repariert, mit Ersatzteilen und Treibstoff versorgt werden. Auch der Hafen Rijeka soll für solche Zwecke ausgebaut werden. Seltsamerweise können hier auch rotchinesische Schiffe laut Vertrag seit Jahren versorgt werden, womit die „rot-gelbe Marinebalance“ wenigstens auf dem Papier hergestellt wäre. In Wirklichkeit sieht das natürlich ganz anders aus,. da rotchinesische Kriegsschiffe in absehbarer Zeit kaum in der Adria operieren werden, wogegen die russische Admiralität aus diesem Meer gern und demonstrativ ein eigenes Ubungsfeld samt Nachschubbasis machen würde. Nach fünf Jahrzehnten gelang es jetzt zum erstenmal der russischen Kriegsmarine an der Adriaküste Anker zu werfen, worüber natürlich die Anrainerstaaten, geschweige denn die NATO, gar nicht erbaut sind.

Kurz vor Weihnachten 1974 trafen ein russisches U-Boot und ein Begleitschiff „zwecks Reparatur“ auf dem jugoslawischen Militär- und Marinestützpunkt von Kotor ein, womit die Sowjetmarine — Belgrader Diplomaten zufolge — einen „aufsehenerregenden Präzedenzfall kreieren“ wollte, um jugoslawische und ausländische Reaktionen zu testen.

Belgrad hat vorsorglich mehrmals in den vergangenen zehn Jahren die Benützung der Adriahäfen gesetzlich geregelt. „Sluzbeni List“, das Amtsblatt, hat im Jahre 1965 ein Gesetz über Küstengewässer, Territorialgewässer und die epikontinentale Zone Jugoslawiens veröffentlicht, das später, im Jahre 1970, und schließlich am 30. April 1974 ergänzt und modifiziert wurde. Im neuesten Gesetz sind die Bedingungen genau angeführt unter welchen fremde Kriegsschiffe repariert werden dürfen. Der Paragraph 2 des Artikels 7 besagt: „Ein ausländisches Kriegs-, Handels- oder Fischereischiff darf in jugoslawische Territorialgewässer einfahren und dort verweilen, wenn es vorher hiezu eine Bewilligung erhalten hat.“ Die jeweilige Erlaubnis wird vom Verteidigungsministerium, im Einverständnis mit dem Außenministerium,ausgestellt

wenn das Anlegen des Schiffes wissenschaftlicher Forschung dient; für Handelsschiffe sind das Verkehrsund das Kommunikationsministerium gemeinsam mit dem Innen-und Außenministerium zuständig, im Falle ausländischer Fischereischiffe die hiefür kompetenten Behörden. '

Jugoslawien hat also zahlreiche Sicherheitsventile eingebaut Eine ausländische Marineeinheit kann nur auf Grund eines Arbeitskontraktes in Reparatur genommen werden, der zwischen dem autorisierten Vertreter des reparaturbedürftigen Schiffes und dem Repräsentanten der jugoslawischen Werft abgeschlossen wurde. „Im Hinblick auf die nationale Sicherheit Jugoslawiens und auf die Interessen des Weltfriedens, besonders in dieser Region“, soll die kompetente Behörde keine Reparaturerlaubnis für die Marine solcher Staaten ausstellen, die in eine Aggression „gegen einen souveränen Staat verwickelt sind, solange die!se Aggression anhält“. An Bord eines zur Reparatur zugelassenen ausländischen Schiffes dürfen sich nur so viele Mannschaften befinden, als zur Hilfeleistung bei der Reparatur notwendig sind, jedenfalls nicht mehr als ein Drittel der Crew des Schiffes. Die Ausschiffung ausländischer Reparatureinrichtungen und die Lagerung ausländischen Treibstoffes ist verboten. Ein Schiff, das die Reparaturbewilligung erhalten hat muß nach seinem Eintreffen in einem jugoslawischen Hafen seine Munition auf jenem Platz abladen, der vom zuständigen jugoslawischen Kommandanten hiefür bestimmt wurde.

Die jugoslawischen Hafenbehörden wissen natürlich genau, daß sojetische Kommandeure derartige Vorschriften niemals befolgen werden. Derzeit versuchen jedenfalls die russischen Marinefachleute, in Erfahrung zu bringen, wie ernst es den jugoslawischen Kameraden mit den beschriebenen Restriktionen wirklich ist. Die jugoslawischen Militärs ihrerseits versuchen festzustellen, ob die sowjetischen Flottenkommandanten sich mit den ihnen eingeräumten, bisher unvorstellbaren Begünstigungen begnügen, oder ob sie diese nur zum Vorwand für eine seeimperialistische Stützpunktstrategie nehmen wollen.

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