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Trügt der (Trau-)Schein?

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In den Alchimistenküchen des Familien- und Justizministeriums wird heftig umgerührt. Man braut neue Gesetzessuppen. Es geht um Eheschließung, Ehescheidung und Unterhalt. Das alles soll noch verdaulicher aufbereitet und genießbarer werden. Unbekömmliches wird ausgeschieden. Was steht am Programm?

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In den Alchimistenküchen des Familien- und Justizministeriums wird heftig umgerührt. Man braut neue Gesetzessuppen. Es geht um Eheschließung, Ehescheidung und Unterhalt. Das alles soll noch verdaulicher aufbereitet und genießbarer werden. Unbekömmliches wird ausgeschieden. Was steht am Programm?

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Im ersten Bereich geht es um die Eheschließung (FURCHE 13/1993): Heiratswillige sollen vor der Eheschließung zu einem„Ehevertrag" und zur Eheberatung verpflichtet werden.

Zunächst sind Begriffe zu klären:

Der Ehepakt ist ein altes Rechtsinstitut. Schon in früheren Zeiten wollten betuchte Personen rechtzeitig klarstellen, daß sich auch durch die Eheschließung nichts an ihrem privaten Besitz ändern darf.

Der Ehevertrag: Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Ehe jener Vertrag, in dem zwei Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen erklären, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen und sich gegenseitig Beistand zu leisten.

Die Reformtendenz betrifft aber nicht diesen Ehevertrag, sondern etwas anderes, nämlich die sogenannte „Ehevereinbarung ": Bereits nach dem geltenden Recht haben nämlich die Ehegatten die Möglichkeit, schon im vorhinein Vereinbarungen darüber zu treffen, was mit den „ehelichen Ersparnissen", also mit dem, was gemeinsam erarbeitet und angespart wurde, nach Auflösung der Ehe geschehen solle. Was beiden Vertragstypen, dem Ehepakt und der Ehevereinbarung gemeinsam ist, das ist die Freiwilligkeit. Die Ehegatten konnten sich bisher schon entscheiden, ob sie einen solchen Vertrag abschließen wollen oder nicht. Und jetzt soll das anscheinend zur Pflicht werden.

Da sind einmal berechtigte Bedenken am Platze. Eine solche Pflicht könnte gegen den Artikel 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen. Darüber hinaus: Soll man junge Menschen zu einem solchen Vertrag von Gesetzes wegen zwingen? Kann man ihnen das nicht freistellen, ob sie derlei Vermögensfragen von vorneherein regeln oder einfach offen lassen wollen? Soll man ihnen mit derlei Vorschriften gleich schon ihre Hoffnung auf ein geglücktes Miteinander unterhöhlen? Vor allem: Die Tatsache, daß schon bis jetzt weder von dem Ehepakt im alten Sinn noch von der Ehevereinbarung im neuen Sinn in der Praxis sonderlich Gebrauch gemacht wurde, zeigt doch, daß ein Bedarf danach nicht unbedingt besteht. Soll er künstlich geschaffen werden?

Echte Chancen verspricht hingegen die vorgesehene Eheberatung über die rechtlichen Folgen der Eheschließung. Das ist allerdings keine neue Idee: Die Kirche praktiziert das schon seit Jahrhunderten mit dem sogenannten „Brautunterricht". Dieses antiquiert anmutende Instrument soll die Brautleute über ihre Rechte und Pflichten und über das Wesen der katholischen Ehe aufklären. Im staatlichen Bereich kann das natürlich auch nicht schaden. Eine andere Frage ist, wem man diese Beratung überträgt und wer das bezah- / len soll?

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