Wer einen derart modernen Namen hat, dem klebt der kommerzielle Erfolg gerüchteweise schon an den Reifen: "Nano“ heißt Indiens vermeintlich globaler Coup in der Automobilindustrie. Das Auto von Indiens KfZ-Riesen Tata ist das billigste Auto der Welt. Es kostet gerade einmal 1700 Euro und sollte seit vergangenem Jahr zuerst Indien und danach den Weltmarkt erobern. Eine Million Fahrzeuge sollten pro Jahr gefertigt werden. Doch seit seiner Präsentation Ende 2009 ist es einigermaßen still geworden um den Mini für Indiens Mittelstand.
Der Grund dafür dürfte in den äußerst enttäuschenden Verkaufszahlen liegen. Im November wurden nur 509 Exemplare verkauft so wenige wie noch nie. Noch im Juli 2010 waren es 9000 Stück gewesen. Das ist wenig für indische Verhältnisse. Immerhin hatte Tata schon 250.000 Stück als "Erstauflage“ produzieren lassen.
Brennende Hoffnungen
Abseits des Nano befindet sich die indische Wirtschaft dennoch auf einem äußerst rasanten Wachstumspfad. In der Berechnung des Wirtschaftswachstums unter Einbeziehung der Kaufkraftparität liegt es an vierter Stelle weltweit. Und ein Ende des Aufschwungs ist nicht in Sicht. Denn Indien profitiert von seinem Bevölkerungswachstum: Jährlich wächst Indien um 15 Millionen Menschen. Ein Drittel der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre.
Die Stadt Mumbai ist der lebende Beweis für Wachstum und Wachstumsfluch. 22 Millionen Einwohner hat die Stadt - soviel wie ganz Australien. Doch davon leben ein Drittel in Slums und mit einem Verdienst unter einem Dollar pro Tag. Doch der Zuzug in die insgesamt 30 Millionenkonglomerate Indiens hält an. Wenig überraschend: 35 Prozent der Landbevölkerung waren 2005 besitzlose Tagelöhner, Opfer des Kastensystems auf der einen und des Hungers auf der anderen Seite.
Eine paradoxe Situation: Zuzug und Bevölkerungswachstum erhöhen Konkurrenz um Arbeitsplätze - die Löhne bleiben auf neidrigstem Niveau. Deshalb rechnen einige Ökonomen damit, dass Indien in Zukunft ein höheres Wirtschaftswachstum (dzt. 8,8 Prozent) erreichen könnte als China (elf Prozent). Hohe Währungsreserven und niedrige Auslandsschulden dürften sich dazu günstig auf das Engagement ausländischer Investoren auswirken. In den Berichten von UNO und Weltbank wird vor allem ein Umstand hervorgehoben: die "bemerkenswertre soziale Stabilität“. (tan)
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