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Skepsis gegenüber Fertighäusern

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Um der Wohnungsnot in Österreich Herr zu werden, versucht besonders die private Hand immer wieder neue Wege zu gehen. Der Wohnungsuchende gibt zwar nach wie vor dem konventionellen Bau den Vorrang, doch das lange Warten auf die Baubewilligung, die Sehnsucht nach einer individuelleren Gliederung oder Gestaltung der Innenräume, Extrawünsche bezüglich Garten, Swimming-pool oder Lage der künftigen Wohnung haben es mit sich gebracht, daß das sogenannte „Fertighaus“ — besonders in den letzten fünf Jahren und nochmals nach der Umgestaltung der bisherigen Wohnbaufonds vor zwei Jahren — in der Lage war, einen steigenden Anteil am innerösterreichischen Markt zu erobern.

Es handelt sich hier aber nur um das sogenannte „Fertighaus“ und nicht um das präfabrizierte Typenhaus, das Skandinavien längst erobert hat und dadurch besonders preiswert ist, daß es nicht nur en masse erzeugt, sondern auch binnen weniger Stunden aufgestellt werden kann. Der Österreicher steht dem vorfabrizierten Fertighaus noch mit einer gewissen Skepsis gegenüber und so errichtet ein Großteil der Firmen, die bei uns „Fertighäuser“ anbieten, diese in mehr oder weniger ortsgebundener Bauweise unter teilweiser Verwendung seriengefertigter Bauteile. Man kam und kommt dem Österreicher mit seinem Wunsch nach einem „Haus für fünf Generationen“ entgegen und bietet ihm daher auch in dieser Branche vornehmlich Gebäude an, die den Eindruck eines massiv gebauten Hauses erwecken.

Weitere Vorteile: Die Fertigteilbaufirma nimmt dem Konsumenten so gut wie alle Sorgen ab, erledigt fallweise sogar den Grunderwerb, macht die Planungsarbeiten und tritt dann, nach erteilter Baubewilligung, als Generalunitemehmer auf.

In den letzten Jahren wurde wieder- die Frage gestellt, warum sich das präfabrizierte Typenhaus im Alpenland — und hier besonders in der Schweiz und in Österreich — so schwer oder kaum durchzusetzen vermag. Einer der Gründe mag sein, daß ein Haus in unseren Klimazonen (Schnee, Nebel, Hagel, häufiger Witterungsumschwung) besonderen Beanspruchungen ausgesetzt ist und daher auf „gediegenes Material“ be sonderen Wert gelegt wird. Anderseits erscheint eine größere Anzahl präfabrizierter Typen nicht gerade wirtschaftlich, da der inländische Markt zu klein ist.

Aber nicht nur der Konsument engt die Möglichkeiten billiger Bauausführung ein. Die regionalen Baubehörden (Länder, Städte) halten sich streng an ihre Vorschriften und machen es damit nahezu unmöglich, größere Serien von vorfabrizierten Häusern für den gesamtösterreichischen Markt aufzulegen. Eine weitere Härte, die durch die Haltung der Behörden auftritt: Während in anderen Ländern Fertighäuser nur 40 bis 50 Jahre halten müssen, um den Belehnungsvorschriften zu entsprechen, fordert Österreich eine Lebensdauer von mindestens 80 Jahren. Der österreichische Käufer lehnt die bei der Montagebauweise notwendigen Fugen ab und vergißt ganz, daß die Aufbringung eines vollflächigen Außenputzes nicht nur technische Schwierigkeiten bereitet, sondern auch die Montagezeit an der Baustelle verlängert. Eine Möglichkeit, trotzdem aiuf eine rationelle Außenmontagezeit und zu einer entsprechend günstigen Preisgestaltung zu kommen, läge in einer intensiveren Entwicklung an den Grundrissen in Richtung auf mehr Flexibilität.

Fertigbau Ges. m. b. H. (Salzburg- Wien): Seit drei Jahren mit dem Bau von Fertighäusern beschäftigt 400 fertig, 125 in Planung). Quadratmeterpreis 3700 Schilling. Material: Massiv-Leimtafel-Bauteile. Außenwände mit Isolierung, Heraklith, Außenputz. Fenster, . Türen fertig, Innenwände und Decken tapeziert und mit Dispersion gestrichen. Im Preis: Elektroinstallationen, Böden, Malerarbeiten, Verglasungen, Bad, WC komplett. Nicht im Preis: Sickergrube. (Bauzeit 4 bis 12 Wochen.) Wenzl Hartl (Wien): Baut seit

39 Jahren Fertighäuser (5000 fertig, davon 1500 Inland). Quadratmeterpreis 3540 Schilling. Material: Holz- rahmengrundkonstruktion mit Asbestzementplatten, Tramdecken mit Wärmeisolation. Im Preis: Spenglerarbeiten, sanitäre Installation, Elektroinstallation, E-Herd, Bidet. Waschbecken, Planung, Montage. Nicht im Preis: Beheizung, Kanalisation, Außenanlagen. (Bauzeit 30 Arbeitstage.)

Maderna Fertighaus (Holzbauwerk Ing. Walter Holler, Wien): Seit zehn Monaten Fertighäuser (25 fertig). Quadratmeterpreis 3300 Schilling. Material: Holzrahmengrundkon struktion mit Kieferschalung oder Eternit, 12 Zentimeter starke Dek- ken. Im Preis: Spenglerarbeiten,

Fenster, Türen, Sanitärinstallatdon, Elektroinstallation, Mosaikparkett, Hauskanalisation, Planung, Montage. Nicht im Preis: Beheizung, Außen- kanalisation. (Bauzeit 25 Werktage.) Wagnerhäuser (Wien-Linz): seit

24 Jahren Fertighäuser (1000 fertig). Quadratmeterpreis 3880 Schilling. Material: 20 Zentimeter Außen wände (YTONG-Gasbeton), 10-Zen- timeter-Innenwände (gleiches Material), Decken mit besonderer Wärmedämmung, (Siegerith-Platten). Im Preis: Sanitärinstallation, Elektro installation, Zentralheizung, PVC- Fußböden, Wandbeschichtungen, Hauskanalisation, Terrasse, Küchenmöbel (auf Wunsch wird das Haus — gegen Aufzahlung — komplett möbliert), Heißwasserspeicher, Montage. Nicht im Preis: Außenkanalisation, Planung, Anschlußgebühr. (Bauzeit 40 bis 75 Arbeitstage.)

Prefab (Firma Weidinger, St. Pölten- Wagram): Seit 16 Monaten Fertighäuser (weit mehr als 100 fertig). Quadratmeterpreis rund 3500 Schilling Material: Neueste Kreation aus wärmeisolierendem Leichtbeton. Im Preis: WC, verfliestes Bad, Abwäsche im verfliesten Teil der Küche, Warmwasser, Installationen, Tapezierung, PVC-Böden. Nicht im Preis: Außenkanalisation, Transportkosten, Verträge, Behördenwege. (Bauzeit rund einen Monat.)

WIGO (Wirtschaftsgenossenschaft österreichischer Zimmerleute): Seit sieben Jahren Fertighäuser (700 fertig, weitere im Bau). Quadratmeterpreis 2730 Schilling. Material: Feuerhemmendes und gegen Fäulnis wie Insektenfraß imprägniertes Kon- struktiomsholz. Im Preis: Badewanne, Küchenabwäsche. Wärmedämmung (wie bei 1,5 Meter starker Ziegelmauer). Nicht dm Preis: Heraklithwände, Außeninstallation. (Bauzeit wenige Tage.)

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