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Ich bin ein technischer Untam! Sie wissen nicht, was ein "Untam" ist? Dann sind Sie kein gelernter Wiener mit ungarisch-böhmisch-jüdischer Abstammung. "Ein ,Untam'", sagt mein Freund Robert und läßt dabei alles fallen was er in der Hand hält, bevor er sich dieselbe am heißen Herd leicht verbrennt, "ist ein gänzlich ungeschickter Mensch ..." und steigert seine Schmerzen ins Unerträgliche, da er die verbrannten Finger ins kalte Wasser taucht.

Nun, so ein "Untam" bin ich in allen technischen Dingen. Ich meine nicht so sehr die theoretische Atom- und die praktische Halbleiterphysik (können die sich keine ganze Leiter leisten?), auch nicht die A(u)strophysik - wer nach den politischen Sternen greift, der verliert den Wahl-Boden unter den Füßen -, sondern schlicht und einfach ..., nein, auch dort kenne ich mich nicht aus. Nachdem ich im Büro eine ausgebrannte Lampe auswechselte, umhüllte eine, wenn auch gänzlich ungewohnte und daher gar nicht so wohltuende Dunkelheit den halben Bundespressedienst.

Und so ein Mensch schafft sich einen Computer an. Mein Freund Gerd, ein begnadeter EDV-Spezialist, teilte mir kurzerhand mit: "Ein Schreiber wie Du braucht einen Computer!" Daraufhin kaufte ich einen. Da Gerd mir jedoch nie sagte, daß ich den Computer auch benützen muß, steht das gute Ding seither ungeöffnet in meinem Arbeitszimmer.

"Heute kann niemand ohne Internet leben ..." höre ich den (großen) Rest meiner Freunde orakeln und daher suchte ich den Zugang zu dieser Datenautobahn. Auch diesmal war ich ein Opfer der mangelnden Aufklärung. Keiner meiner zahlreichen Freunde sagte, daß man nur via Computer auf dieser komischen "Autobahn" rasen kann. Seither stehe ich draußen, gewissermaßen im "Outernet" und surfe still und unbeweglich vor mich hin.

Wer die menschliche Psyche kennt, und das tun wir - Freu(n)d und Feind - alle, der weiß, daß die "sauren Trauben" aggressiv, zynisch oder zumindest ängstlich machen. Weil ich heute noch nicht weiß, wie man den Deckel eines Laptop öffnet und daher keine Zufahrtsstraße zur (Daten-)Autobahn finde, so schimpfe ich überall auf die "elektronische Datenverarbeitung" (zumindest den Begriff kenne ich).

Ich bekenne mich schuldig-stolz: Ich bin ein ekelhafter Netzbeschmutzer! Dort, wo die rechten Segeln im linken Wind das "volle Boot" vorantreiben, ist man mit dem Vorwurf des "Nestbeschmutzers" schnell bei der Hand und unter den bräunlichen Stiefeln. Progressive Künstler, die trotz ermäßigter Einkommensteuer nicht bereit sind, die (kleinen) Geschäfte der Regierung (groß) zu bejubeln, müssen sich an Stelle eines gelben den roten Stern des "Staatskünstlertums" auf die linke (nona) Brust heften. Ich hingegen schlage mich mit dem durchaus gerechten Vorwurf eines "Netzbeschmutzers" herum und gegen die allmodische "Technikkratie".

Aggressive Computerfreaks, diese Mili-Tanten und -Onkeln, beschimpfen zwar meine "Netzbeschmutzerei", doch sehnen sie sich - insgeheim - nach einer kleinen, beschaulichen Welt, weit außerhalb der Datenautobahnraserei, wo die vielen technischen "Untams" - wie mein Freund Robert und ich - den größten Computerbildschirm der Welt nicht gegen das kleinste Buch auszutauschen bereit sind.

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