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95 Minuten Opfer

Was tun, wenn jemand entführt wurde, Behörden und Freunde aber nicht an ein Verbrechen glauben? Vor diesem Dilemma steht die Protagonistin im Suspense-Thriller "Gone“: Jill ist überzeugt, dass das plötzliche Verschwinden ihrer Schwester kein Zufall, sondern die Tat eines wahnsinnigen Kidnappers ist, der ein Jahr davor bereits sie ermorden wollte. Das Problem der jungen Kellnerin: Da sie ihre eigene Entführung nie beweisen konnte, halten sie alle für eine durchgeknallte Psychopathin. Gute Nerven sind auch beim Kino-Publikum gefragt - nicht um die (potenzielle) Plot-Spannung abzubauen, sondern die seichte Drehbuchvorlage zu ertragen. Gradlinig und einfallslos inszeniert Regisseur Heitor Dhalia die x-te Version eines nicht ernst genommenen Opfers, das das Gesetz in die eigenen Hände nimmt, um ein Verbrechen zu klären und seinen Peiniger zur Strecke zu bringen. Im Gegensatz zu genreüblicher Leinwandkost unternehmen die "Gone“-Macher allerdings nicht einmal den Versuch, das Publikum auf falsche Fährten zu führen. Das Resultat: 95 Minuten, in denen (Film-)Opfer und Publikum gleichermaßen leiden. (Jürgen Belko)

Gone

USA 2012. Regie: Heitor Dhalia. Mit Amanda Seyfried. Einhorn. 95 Min.

Abdriften in den Wahn

Real wirkt der gewaltige Sturm, den Curtis (Michael Shannon) im ländlichen Ohio aufziehen sieht, mögen auch die braunen Regentropfen irritieren. Keinen Zweifel hegt man auch an der Existenz der gewaltigen schwarzen Vogelschwärme, die der Mann sieht, der mit seiner Frau und der taubstummen Tochter ein scheinbar glückliches Leben führt. Nicht weiter beunruhigend ist zunächst auch ein Alptraum, in dem wieder der Sturm aufzieht. Doch zunehmend heftiger werden diese Angstvisionen, die Jeff Nichols in einem Realismus inszeniert, durch den bald auch der Zuschauer nicht mehr entscheiden kann, was hier denn nun Realität und was Wahnvorstellung ist. Curtis erkennt zwar seine psychische Destabilisierung, doch seinen inneren Dämonen kann er dennoch nicht entkommen. Jeff Nichols erzählt diese Geschichte einer zunehmenden Verunsicherung bildgewaltig und ungemein konzentriert. Vom ersten Moment an packt "Take Shelter“ auch durch Musik, die das Gefühl eines nahenden Unheils verstärkt. Getragen wird dieses Psychodrama vor allem von einem grandiosen Michael Shannon, der eindringlich das Abdriften in den Wahn vermittelt. (Walter Gasperi)

Take Shelter

USA 2011. Regie: Jeff Nichols. Mit Michael Shannon. Filmladen. 120 min.

Keine Ende der Ausbeutung

Hat sich in den letzten 500 Jahren an der Lage der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas nichts geändert? Wird sie heute immer noch wie damals durch die europäischen Eroberer ausgebeutet? Nach einem Drehbuch von Paul Laverty, der für seine Vorlagen für Filme von Ken Loach bekannt ist, spiegelt die Spanierin Icíar Bollaín die Vergangenheit in der Gegenwart. Im Mittelpunkt steht ein idealistischer junger Regisseur (Gael García Bernal), der mit einem europäischen Team in Bolivien einen kritischen Film über Kolumbus drehen will. Zunehmend wird die Crew aber zum Ärger des Produzenten (Luis Tosar) in den Aufstand der Bevölkerung gegen die Privatisierung des Wassers verwickelt, denn der indigene Darsteller des Gegenspielers (Juan Carlos Aduviri) von Kolumbus ergreift auch in der Realität entschieden Partei für das Volk. Bildgewaltige "Film im Film“-Szenen übers 16. Jahrhundert gehen fließend über in die aktuellen Auseinandersetzungen, die sich am Wasserkrieg von Cochabamba im Jahr 2000 orientieren. Mag die Gegenüberstellung auch plakativ und holzschnittartig sein, so entwickelt dieses Drama dank des charismatischen Schauspielertrios García Bernal, Tosar und Aduviri doch große emotionale Kraft. Fragen darf man sich aber auch, inwieweit diese europäische Großproduktion genauso ein Akt der Ausbeutung ist wie der "Film im Film“. (Walter Gasperi)

Und dann der Regen (También la lluvia)

ESP/MEX/F 2010. Regie: Icíar Bollaín. Mit Luis Tosar, Gael García Bernal, Juan Carlos Aduviri. Polyfilm. 104 Min.

Krimi für Schüler

"Das Haus der Krokodile“ war eine Kinderkrimiserie aus den 70er-Jahren, nun versuchen sich Cyrill Boss und Philipp Stennert noch einmal am Stoff. Ein Schülerkrimi ist es wieder geworden, die Ingredienzien sind schnell aufgezählt: Sommerferien sind, das heißt viel (zu viel) Zeit, ein altes Haus mit großem Spukpotenzial - und dann noch das Tagebuch eines toten Mädchens. Keine Frage: Für kleine und größere Detektive gibt es da viel zu tun. (red)

Das Haus der Krokodile

D 2012. Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert. Mit Waldemar Kobus, Kristo Ferkic, Christoph Maria Herbst, Joanna Ferkic. Constantin. 91 Min.

Neue Jugend-Saga

"Harry Potter“ ist abgedreht, den "Twilight“-Vampiren steht der Schlusspunkt unmittelbar bevor, eine neue Saga für die Jugend ist gefragt - und mit der Fantasy-Trilogie "Die Tribute von Panem“ ist sie auch gefunden. Wieder wird’s düster und ernsthaft: In der nahen Zukunft, im totalitären Staat Panem (wo früher Nordamerika lag), wird das hungernde Volk mit Härte regiert, zynische Machtdemonstration: die jährlich stattfindenden "Hungerspiele“, ein Gladiatorenkampf um Leben und Tod, nur einer von 24 Jugendlichen wird überleben. Prim wäre dafür ausgelost, ihre 16-jährige Schwester Katniss tritt freiwillig an ihre Stelle. Die landesweit übertragene Show amüsiert die extravagante Aristokratie, die mehr hedonistisch denn politisch wirkt. Politisches hat weniger Platz als sanfte Medienkritik. Im Zentrum bleibt Kämpferin Katniss (Jennifer Lawrence). Das überzeugende Nachwuchstalent agiert neben namhaften Nebendarstellern: von Woody Harrelson bis Stanley Tucci. (Nicole Albiez)

Die Tribute von Panem - The Hunger Games

USA 2011. Regie: Gary Ross. Mit Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Woody Harrelson. EMW. 142 Min.

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