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Pokerspiel der Diktatoren
Der Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion vom August 1939 hatte Hitler den Weg zum Angriff auf Polen freigemacht, das geheime Zusatzprotokoll Ost- und Südosteuropa in „Interessensphären” beider Diktaturen aufgeteilt. Ohne daß dort davon die Rede gewesen wäre, hatte Josef Stalin schon im Oktober 1939 von den drei Baltenstaaten die Einräumung von militärischen Stützpunkten, von Finnland im Winterkrieg, nach anfänglichen Niederlagen, die Abtretung von Randgebieten erzwungen und im Juni 1940 die Nordbukowina und Bessarabien besetzt. Hitler mußte zusehen, weil er die Absicht hatte, seine Truppen in England landen zu lassen und dafür die Lieferungen aus der Sowjetunion brauchte.
Vom 11. bis 13. November 1940 -vor 55 Jahren - sollte der sowjetische Regierungschef und Außenminister Wjatscheslaw Molotow auf Einladung Hitlers in Berlin die weitere Zusammenarbeit der beiden Mächte mit Hitler diskutieren. In Moskau wurde die 66 Mann starke Delegation mit äußerstem Pomp verabschiedet - in der späteren sowjetischen Geschichtsschreibung wird die Bedeutung des Besuchs bewußt heruntergespielt, berichtet der deutsche Historiker Werner Maser.
Hitler machte Molotow das Angebot, die Sowjetunion sollte bei der „Neuordnung in Europa und Asien” mit dem Dreimächtepakt zusammenarbeiten,- aber Molotow wollte Garantien zur Anerkennung der sowjetischen Interessen in der Meerengenfrage, auf dem Balkan und den Seeverbindungen zwischen Ost- und Nordsee. Aber Hitler hatte inzwischen deutsche Truppen in Nordnorwegen und in Rumänien stationiert und die Zusammenarbeit mit der französischen Regierung in Vichy angebahnt. Das „Unternehmen Seelöwe” gegen England war abgesagt. Molotows Verabschiedung in Berlin war kühl. 14 Tage später fand das erste Planspiel des Oberkommandos der Wehrmacht für einen Krieg im Osten statt. Hitler rechnete mit einem sowjetischen Angriff und wollte dem zuvorkommen.
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