Gute Chancen

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In der Biotechnologie, einer der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts, wird im Umfeld von Österreichs Universitäten und privat viel geforscht.

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In der Biotechnologie, einer der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts, wird im Umfeld von Österreichs Universitäten und privat viel geforscht.

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Biotechnologie zählt neben den Informationstechnologien zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Heutige Kenntnisse über Lebensvorgänge wären ohne Biotechnologie nicht denkbar. Die molekulare Biotechnologie hat nicht nur die Grundlagenforschung in den Biowissenschaften revolutioniert, sondern bereits zu neuen, zukunftsweisenden Perspektiven in den Bereichen Medizin, Pharmazie, Umwelttechnik sowie Land- und Forstwirtschaft geführt.

Eine Einsatzmöglichkeit biotechnologischer Grundlagenforschung ist beispielsweise die Genomforschung, das heißt die vollständige Entschlüsselung des Erbgutes von Mensch, Tier, Pflanze und Mikroorganismen. Im Zentrum der medizinisch-biotechnologischen Forschung stehen u.a. rekombinante Therapeutika, Gendiagnostik und Gentherapie.

In der Nahrungsmittelerzeugung und -verarbeitung gilt der Einsatz der Biotechnologie vor allem der Optimierung der Enzymproduktion, der gezielten Veränderung von Enzymen für bestimmte Verarbeitungsprozesse, der Optimierung von Mikroorganismen sowie der Erzeugung von Lebensmitteln mit gesundheitsfördernder Wirkung.

Umweltfreundliche Produktionsverfahren und Charakterisierung nützlicher Mikroorganismen sind Hauptzielsetzung der Umweltbiotechnologie. Aber auch der Nachweis von Umweltschadstoffen und vor allem der Abbau von Schadstoffen aus Boden, Wasser und Luft sowie die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, also nachwachsender Rohstoffe, sind heute ohne Einsatz biotechnologischer Verfahren nicht mehr denkbar.

Der universitäre Bereich stellt in Österreich eine gute Forschungsinfrastruktur für biotechnologische Forschung zur Verfügung. Alle großen Universitätsstandorte (Wien, Graz, Innsbruck, Salzburg) verfügen über exzellente Forschungsinstitute und auch an den Universitätskliniken wird zunehmend die Biotechnologie - Stichwort "molekulare Medizin" - als breites Anwendungsfeld gesehen. Die vielen aus der Biotechnologie stammenden Wittgenstein- und START-Preisträger (die höchsten Forschungsauszeichungen Österreichs) der letzten Jahre zeugen davon.

Biotech blüht auf In Wien hat sich ein Zentrum biotechnologischer Forschung von bereits internationaler Beachtung entwickelt, das sogenannte Vienna BioCenter - Dr. Bohrgasse: Dieses verbindet derzeit drei Universitätsinstitute (Mikrobiologie und Genetik; Biochemie und Molekulare Zellbiologie; Medizinische Biochemie) mit einem großen privatwirtschaftlichen Forschungsinstitut (Institut für Molekulare Pathologie Ges.m.b.H, "IMP") des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim sowie einer wachsenden Zahl von aus der Forschung hervorgegangenen Biotech start-ups (als bekanntes Beispiel wäre die Firma Intercell zu nennen). Ein weiterer Ausbau ist sowohl von universitärer Seite (zusätzliche Professuren für Strukturbiologie, Bioinformatik und Pflanzenmolekularbiologie) als auch von industrieller Seite in Form von weiteren Betriebsansiedlungen geplant. Prominente Beispiele sind das Institut für Molekulare und Zelluläre Bioinformatik (IMBA), ein Gemeinschaftsunternehmen der Österr. Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und des IMP, sowie das Karl-Landsteiner-Institut der Karl-Landsteiner-Stiftung.

Darüber hinaus verzeichnet der Wissenschaftsstandort Wien noch einige weitere beachtliche Biotechnologie-Aktivitäten: So etwa das Universitätszentrum Muthgasse der Universität für Bodenkultur (BOKU) mit den Instituten für Angewandte Mikrobiologie und Angewandte Genetik und der aus der Universität hervorgegangenen Firma Polymun, die Universität für Veterinärmedizin (VMU) am Campus in Wien 21 mit ihren einschlägigen Instituten und start-ups (z.B. Austrian Nordic) und die Technische Universität Wien.

Im Einzugsbereich von Wien ist das Interuniversitäres Forschungsinstitut für Agrarbiotechnologie (IFA) Tulln zu nennen, das ein gemeinsames Forschungsunternehmen der VMU, der BOKU und der TU Wien darstellt.

Nächster Schritt zur Erweiterung des Biotech-Standortes Wien ist der geplante Ausbau von Forschungsflächen im AKH, wo aus Kliniken und Instituten hervorgegangene Firmenneugründungen angesiedelt werden können. In Planung und Vorbereitung ist weiters ein Zentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

In Graz versucht man durch Zusammenarbeit zwischen Instituten der TU Graz (Biotechnologie, Biochemie und Lebensmittelchemie; Organische Chemie) und der Universität Graz (Molekularbiologie, Biochemie und Mikrobiologie; Med. Biochemie und Med. Molekularbiologie) in gemeinsamen Forschungsnetzen eine kritische Masse zu erreichen. Die Bestrebungen gehen in Richtung Ausbau im universitären Bereich ebenso wie Ansiedlung von start-ups und bestehender Firmen. Ähnliches gilt auch für die Forschungsstandorte Salzburg und Innsbruck.

Das vom Wissenschaftsministerium und vom Wirtschaftsministerium gemeinsam initiierte "Impulsprogramm Biotechnologie" steht sowohl allen Wissenschaftern bei der Verwertung ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse (Patentierung, Begründung wirtschaftlicher Aktivitäten u.a.m.) als auch für die Neugründung biotechnologischer Unternehmen und Betriebsansiedlung von Firmen aus dem In- und Ausland zur Verfügung.

Österreich hat auf dieser Grundlage gute Chancen, zur dynamischen Entwicklung im Bereich der Biotechnologie im übrigen Europa aufzuschließen und in Zukunft Schritt zu halten.

Impulsprogramm Zur strategischen Entwicklung der Genomforschung, zur Schließung von Förderungslücken zwischen den herkömmlichen Förderinstitutionen sowie zur Vorbereitung österreichischer Forschungseinrichtungen auf das 6. EU-Forschungsrahmenprogramm bzw. den künftigen "Europäischen Forschungsraum" ist ein umfangreiches Forschungsprogramm im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Vorbereitung. Dieses sollte über die nächsten Jahre einen finanziellen und thematischen Schwerpunkt der Forschungspolitik darstellen. Geplant sind große Verbundprojekte, in deren Rahmen interdisziplinär unter Einbeziehung von Technologieentwicklung und Bioinformatikunterstützung Forschungs- und Entwicklungsarbeiten geleistet werden, die auch kommerziell genutzt werden sollen. Die mögliche Themenpalette erstreckt sich von der Biomedizin über die Pharmakologie bis hin zur Tier- und Pflanzenzucht und mikrobiologischen Anwendungen.

Mit diesem Programm setzt Österreich einen weiteren bedeutenden Schritt in Richtung auf die Teilnahme am wirtschaftlichen Potenzial dieser für die Zukunft wichtigen Branche.

Der Autor ist Sektionschef im Bundesministerium für Unterricht, Wissenschaft und Kultur, das für dieses Dossier einen Druckkostenbeitrag zur Verfügung stellte.

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