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106 Millionen für die Gentechnik

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Die Gentechnologie ist eine Basisinnovation, deren Bedeutung in den letzten Jahren in den Vordergrund getreten ist. Es werden immer leistungsfähigere Mikroorganismen für die IndustrieT genetisch manipulierte Pflanzen, Zellkulturen für die Pharmaindustrie gezüchtet.

Angesichts dieser weltweiten Entwicklung muß Österreich Forschungs-Schwerpunkte definieren und in universitären und außeruniversitären Einrichtungen fördern. Nach einer Bestandsaufnahme der laufenden und geplanten Forschungsaktivitäten (1980 und 1981) wurden 1983 Forschungskonzepte ausgearbeitet.

1984 beschloß der Ministerrat den Forschungs- und Technologieschwerpunkt „Biotechnologie und Gentechnik” mit Förderungsprogrammen für Grundlagenforschung und Fertigüngsüberlei-tungsprojekte. Das Forschungsschwerpunktprogramm wird vom Wissenschaftsministerium zentral organisiert und verwaltet und soll bis 1990 laufen. Bestehende universitäre Forschungseinrichtungenwerden gestärkt, nach der Verbesserung der Infrastruktur ist nun gezielte schwerpunktmäßige Projektförderung Hauptziel.

Analog dazu läuft seit 1985 ein Anwendungsförderungspro-gramm beim Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr. Es bietet österreichischen Unternehmen die Möglichkeit, mit Zuschüssen oder Darlehen bis zu zehn Millionen Schilling jährlich leichter in die neue Technologie einzusteigen. Für die Forschung wurden seit 1985 über 60, für das Anwendungsprogramm bisher rund 46, zusammen also 106 Millionen aufgewendet.

Aus dem bisherigen Verlauf lassen sich Trends erkennen: genetische Manipulation von Pflanzen, um deren Nutzanteile zu erhöhen; In-vitro-Züchtung von Forst- und Nutzpflanzen; gentechnische Herstellung von pharmazeutischen Präparaten; Forschung zur Diagnose und Behandlung von Erbkrankheiten; Grundlagenforschung zum Stoffwechsel von Mikroorganismen; gentechnologische Verbesserung von Produktionsstämmen.

Die Gentechnologie bietet vielfältige Möglichkeiten zur Herstellung neuer oder verbesserter Produkte in den notwendigen Mengen. Andererseits stellen sich rechtliche und ethische Fragen. Die Verantwortlichen sind sich darüber einig, daß Richtlinien und allfällige gesetzliche Maßnahmen notwendig sind. Aufklärung über tatsächliche Gefahren und Beratung sollen Mißverständnissen entgegenwirken.

Sicher können die Manipulation von Mikroorganismen, vor allem, wenn sie ungezielt durchgeführt wird und die Risken nicht abgeschätzt werden, und die industrielle Verwertung Gefahren mit sich bringen. Aber diese können ausgeschaltet werden. Genetische Manipulation zur Züchtung oder Klonierung von Menschen sind in der Praxis Utopie, weil sie ethisch und rechtlich nicht vertretbar und daher strafrechtlich verboten sind. Als äußerst positiv müssen aber gentechnische Methoden beurteilt werden, die etwa die Heilung genetisch bedingter Krankheiten zum Ziel haben.

Für den humangenetischen Bereich wie Genom-Analyse und Gentherapie, vor allem für die mit der Gentechnologie in keinem Zusammenhang stehenden Fragen der In-vitro-Fertilisation, hetero-logen Insemination und des Embryotransfers wurden 1984 und 1985 Gutachten von Expertengremien eingeholt, die dem Gesetzgeber als Diskussionsgrundlage dienen und die ethischen und rechtlichen Probleme beleuchten.

Gentechnologische Sicherheitsfragen behandelt eine interministerielle multidisziplinäre Kommission, die im Jänner 1986 konstituiert wurde und deren Vorsitz der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung führt. Ausbringen modifizierter Mikroorganismen oder Pflanzen in die Umwelt, die Laboratoriumsbedingungen, humane Gentechnologie, Schutz der Umwelt vor genetisch manipulierten Mikroorganismen stellen Wirtschaft, Wissenschaft und Behörden vor noch nicht abschätzbare Probleme.

Der österreichische Forschungsrat empfahl, die zur Zeit gültigen US-Normen zu übernehmen und die verfügbaren administrativen Mechanismen zu benützen. Während es etwa in Holland eigene Gesetze gibt, ist Österreich eher bestrebt, bestehende Gesetze zu verwenden.

Wirtschaftlich angewandte Gentechnologie ist größtenteils ungefährlich, da große Erfahrung mit praktisch ungefährlichen Mikroorganismen wie Escherichia coli K12 vorhanden ist. Probleme entstehen bei der Verwendung pathogener Organismen und bei genetischer Modifikation, deren Ergebnis nicht vorhersehbar ist. Der Einsatz pathogener Mikroben in der Pharmaindustrie nimmt jedoch ständig zu und erfordert deshalb eine Behandlung im Rahmen der Kommission. Das Sicherheitsbedürfnis soll befriedigt, Unfälle müssen mit allen zu Gebote stehenden Mitteln verhindert, die Öffentlichkeit muß sachlich aufgeklärt werden. Unter diesen Aspekten wird die Kommission

• die bestehende Gesetzeslage sondieren, alle relevanten Vorschriften, Regelungen und Gesetze sammeln und studieren;

• das Material sortieren und kommentieren und daraus eine Synopsis erarbeiten, die der Öffentlichkeit vorgelegt werden soll;

• feststellen, wo eventuell neue gesetzliche Regelungen, Änderungen oder Ergänzungen notwendig sind und Vorschläge ausarbeiten.

Der Autor ist im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung für Biotechnologie und Gentechnik zuständig.

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