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Ein gesetzlicher Rahmen für die Gentechnik

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Die Gentechnik gilt als eines der Hoffnungsgebiete wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Betätigung. Sie hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, agiert aber weitgehend im rechtsfreien Raum, obwohl sie große ökologische Probleme bereiten kann. In Österreich wird an einem Gentechnik-Gesetz gearbeitet. Die Begutachtungsfrist für den Entwurf des Gesundheitsministerium ist abgelaufen. Wie stellt sich die Situation dar?

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Die Gentechnik gilt als eines der Hoffnungsgebiete wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Betätigung. Sie hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, agiert aber weitgehend im rechtsfreien Raum, obwohl sie große ökologische Probleme bereiten kann. In Österreich wird an einem Gentechnik-Gesetz gearbeitet. Die Begutachtungsfrist für den Entwurf des Gesundheitsministerium ist abgelaufen. Wie stellt sich die Situation dar?

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Zunächst ein Blick auf den Entwurf. Er ist in zwölf Abschnitte gegliedert und sieht Regelungen für folgende gentechnische Aktivitäten vor: Anwendung in geschlossenen Systemen (Abschnitt II), die Freisetzung gentechnisch veränderterOrganismen (Abschnitt III), ihren Transport (Abschnitt IV) und die medizinisch, sozial und ethisch bedeutsame Anwendung der Gentechnik (Abschnitt V).

Die übrigen Abschnitte betreffen institutionelle Regelungen, also die Überwachung, die Zuständigkeit, die Einrichtung einer Gentechnikkommission, Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen, Strafbestimmungen, den Datenschutz...

Einleitend werden die Grundsätze, zu denen sich der Entwurf bekennt, herausgestellt (siehe Kasten). Weiters werden unterschiedliche Gefährdungsgrade festgelegt: vier Abstufungen. Kriterium für die Einstufung ist die Beurteilung aufgrund des jeweiligen Standes der Wissenschaft. Danach sind auch geeignete Sicherheitsmaßnahmen vorzusehen.

Die Einstufung der Gefährlichkeit nimmt der Projektbetreiber selbst vor und teilt der Behörde das Ergebnis mit (§ 6 Abs. 4). Sie kann diese nach Anhörung einer einzurichtenden Gentechnikkommission ändern. Nimmt eine Einrichtung gentechnische Verfahren in ihr Programm auf, so bedarf dies der behördlichen Genehmigung (außer bei Arbeiten im kleinem Maß-

stab mit höchstens geringem Risiko).

Spätere Projekte sind nicht unbedingt auf eine solche angewiesen (nur, wenn sie im großen Maßstab stattfinden und mindestens mäßig riskant sind). In manchen Fällen genügt eine Meldung bis spätestens 30 Tagen nach Projektbeginn.

In jeder gentechnischen Anlage muß es einen Beauftragten für die biologische Sicherheit geben, für jedes Projekt einen verantwortlichen Projektleiter. Weiters muß jeder Betreiber ein Komitee für biologische Sicherheit einrichten, dem auch betriebsfremde Experten anzugehören haben. Schließlich muß ein Notfallplan entworfen werden, der die bei Unfällen notwendigen Schutzmaßnahmen vorsieht.

Die Herstellung transgener Tiere (in der Natur nicht existierender Kreuzungen) ist nicht grundsätzlich verboten, sondern dann erlaubt, wenn sie „medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken dient". (§ 46)

Bei bestimmten Arbeiten (mit größerem Risiko) ist ein Anhörungsverfahren vorgesehen, an dem sich jedermann beteiligen kann. Begründete, schriftliche Einwendungen sind vom wissenschaftlichen Ausschuß der Gentechnikkommission zu hören. Lehnt diese sie nicht einhellig als unbegründet ab, bekommt der Betreffende Parteienstatus.

Die Freisetzung genetisch veränderter Organismen ist nicht verboten. Sie muß jedoch nach einem gestuften Vorgang erfolgen und bedarf der Zustimmung der Behörde. Für Freisetzungen, die „mit keiner Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt verbunden... und die als leicht rückholbar anzusehen" sind (§ 27), gibt es sogar ein vereinfachtes Verfahren ohne Anhörung.

Von Interesse ist auch noch, daß das Gesetz eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die mit gentechnischen Verfahren hergestellt worden sind, vorsieht.

Schließlich gibt es die Regelungen für den Einsatz der Gentechnik beim Menschen (§§ 38 und 39): Verboten sind jegliche Eingriffe in die menschliche Keimbahn bzw. Arbeiten, die solche Eingriffe vorbereiten könnten. Auch die Analyse menschlicher Gene wird verboten, Ausnahmen sind allerdings zugelassen: bei anonymen Proben zu wissenschaftlichen Zwek-ken, bei ausdrücklicher Zustimmung des Spenders, in bestimmten Fällen für Vorsorgemaßnahmen und für gerichtliche Zwecke.

Verstöße gegen den § 38 sind mit Freiheitsstrafen bis zu 15 Jahren, solche gegen § 39 mit Geldstrafen bis zu 300.000 Schilling bedroht.

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