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Forschung außerhalb der Universitäten

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Am 14. Mai 1847 wurde durch Patent Kaiser Ferdinands I. die österreichische Akademie der Wissenschaften, damals „Kaiserliche Akademie der Wissenschaften“, gegründet. Es war dies das Ergebnis wiederholter Bemühungen, die fast 150 Jahre zurückreichten, aber zunächst erfolglos blieben. Als Ferdinand I. die Herrschaft 1835 übernahm, waren die Zeichen der Zeit nicht mehr zu übersehen. Metternich selbst erkannte im letzten Moment den Ernst der Situation und unterstützte eine von 12 Gelehrten bereits am 18. März 1837 an den Kaiser eingebrachte Bittschrift. Wenige Monate nach Gründung der Akademie der Wissenschaften erschütterte die bürgerliche Revolution die Monarchie in ihren Grundfesten.

Die Akademie ist heute eine der wichtigsten Stätten außeruniversitärer Forschung und erfolgreich bemüht, ihre Tätigkeit den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Sichtbarer Ausdruck dieser Entwicklung ist

„Von einer Gelehrtengesellschaft historischen Typs zu einer modernen Forschungseinrichtung“ die Gründung eigener moderner Forschungsinstitute von vorwiegend interdisziplinärem Charakter, die ihre Arbeiten in engem Kontakt mit den Universitäten, den anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und zum Teil auch mit internationalen Organisationen planen und durchführen;

Die Akademie trägt damit dem Umstand Rechnung, daß sich in den letzten Jahrzehnten, und insbesondere nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, gewaltige Änderungen auf gesellschaftlichem und ökonomischem Gebiet vollzogen haben. In diesem Sinne stellt sich die Akademie seit etwa eineinhalb Jahrzehnten die Aufgabe, ihre Tätigkeit einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen und damit den Weg von einer Gelehr-

„Die Gesetzmäßigkeit der Phänomene des Mikrokosmos ergründen, um zu einem grundlegenden Verständnis der Natur zu gelangen“ tengesellschaft historischen Typs zu einer modernen Forschungseinrichtung zu beschreiten.

Die Akademie befindet sich somit heute auf neuen Wegen, und doch vollzieht sich dieser Prozeß im Rahmen einer Entwicklung, die auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Nur wenige Jahre nach der Gründung der Akademie wurde durch deren Initiative ein Netz von meteorologischen Beobachtungsstationen im Bereich der damaligen Monarchie geschaffen. Bald danach wurde die Akademie mit der physikalischen Erforschung der Adria beauftragt, mit dem Ziel einer Neuaufnahme der Seekarten.

Das älteste naturwissenschaftliche Institut der Akademie entspringt einer Stiftung von K. Kupelwieser von 1908 für die Errichtung und Erhaltung eines der physikalischen Erforschung des Radiums dienenden Institutes. Daraus entstand das Institut für Radiumforschung und Kernphysik der Akademie, dessen Arbeiten sich gegenwärtig auf Probleme der kernphysikalischen Grundlagenforschung konzentrieren. 1923 übernahm die Akademie-gemeinsam mit der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (heute Max-Planck-Gesellschaft) -die wissenschaftliche Leitung der biologischen Station Lunz, die jetzt eine Abteilung des Instituts für Lim-nologie der Akademie ist. So spannt sich also der Bogen der Institutsgründungen der Akademie über einen Zeitraum von fast 80 Jahren.

Einen entscheidenden Impuls in dieser Richtung stellt die 1966 erfolgte Gründung der beiden zur Zeit größten Institute der Akademie dar, des Instituts für Hochenergiephysik und des Instituts für Molekularbiologie. Der Hochenergiephysik geht es um die Erforschung der Grundbausteine der Materie. Ziel dieses Forschungsgebietes ist es, die Gesetzmäßigkeiten der Phänomene des Mikrokosmos zu ergründen, um zu einem grundlegenden Verständnis der Natur zu gelangen.

Hochenergiephysik-Experimente sind grundsätzlich nur an dafür eigens ausgelegten Beschleunigern möglich. Da Österreich Mitgliedstaat des CERN ist, ist das Institut als einziges in Österreich unmittelbarer Mitgestalter des internationalen experimentellen Forschungsprogramms der Hochenergiephysik.

Die Molekularbiologie genießt heute eine hohe Priorität in der gesamten naturwissenschaftlichen Forschung, da sie sich zur Aufgabe gestellt hat, Lebensvorgänge auf molekularem Niveau zu verstehen. Trotz großartiger Erfolge in den letzten 25 Jahren gibt es bis heute nur sehr ungenaue und bruchstückartige Vorstellungen darüber, wie Gene letztlich die Merkmale und die Funktionen einer Zelle oder gar eines ganzen Organismus bestimmen. Das Institut für Molekularbiologie, das ebenfalls seine Arbeiten in ständiger interna-

„Aus dem wissenschaftlichen Leben Österreichs sind diese Institute und Kommissionen nicht mehr wegzudenken“ tionaler Kooperation, etwa mit dem „Europäischen Molekularbiologischen Labor“ in Heidelberg durchführt, trägt in seinen Forschungszielen diesen Problemen Rechnung.

Die Akademie verfügt derzeit über 17 Institute und fast • 100 wissenschaftliche Kommissionen. In diesen arbeiten rund 200 (inländische) Akademiemitglieder zusammen mit über 400 Angestellten und 470 freien Mitarbeitern. Die Mehrzahl der Institute ist dem naturwissenschaftlichen Bereich zugeordnet, doch gibt es auch Institute auf geisteswissenschaftlichem und gesellschaftswissenschaftlichem Gebiet mit überwiegend aktueller Problemstellung (z. B. Institut für Sozioökonomische Entwicklungsforschung, für Demographie, für Publikumsforschung). Innerhalb der Kommissionen liegt der Schwerpunkt der Forschungstätigkeiten auf den traditionellen Fächern der Geisteswissenschaften.

Die Akademie hat 1972 ein mittelfristiges Forschungsprogramm für die Jahre 1972-1976 vorgelegt. Der Bericht über die Ergebnisse dieses 1. Forschungsprogramms ist 1977 erschienen. Auf Grund des Erfolges dieses Unternehmens hat die Akademie im Vorjahr ein neues analoges Forschungsprogramm für die Jahre 1978-1982 vorgelegt, in welchem die einzelnen Forschungsprogramme auf naturwissenschaftlichem Gebiet sowie auf geisteswissenschaftlichem und gesellschaftswissenschaftlichem Gebiet detailliert dargestellt sind. Die österreichische Akademie der Wissenschaften hat mit der Gründung eigener Forschungsinstitute eine Aufgabe übernommen, die ihr die Bewunderung vieler verwandter Institutionen, insbesondere im westlichen Ausland eingebracht hat. Aus dem wissenschaftlichen Leben Österreichs sind jedenfalls diese Institute sowie die Kommissionen nicht mehr wegzudenken.

Abschließend sei noch erwähnt, daß die österreichische Akademie der Wissenschaften Träger vieler internationaler wissenschaftlicher Beziehungen ist. So hat die Akademie nicht nur Verträge über die Zusammenarbeit mit ausländischen Akademien geschlossen, sondern betreut darüber hinaus die internationalen Programme, die sich vor allem Umweltproblemen widmen.

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