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Diplomaten mit Diplom

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Österreich hat wieder eine Diplomatenakademie. Am 19. September eröffnete Österreichs Außenminister im Wiener Theresianum die neue österreichische Diplomatenakademie, die ihre Lehrtätigkeit aber erst im Jänner 1965 aufnehmen wird.

Die österreichische Ausbildungsstätte für den diplomatischen Nachwuchs kann auf eine reiche Geschichte zurückblicken. 1753 unterzeichnete Kaiserin Maria Theresia das Dekret, mit dem die „Orientalische Akademie“ errichtet wurde. Ursprünglich eine reine Ausbildungsstätte für Dolmetscher der orientalischen Sprachen, die den österreichischen Diplomaten in den Oststaaten beigegeben wurden, entwickelte sich daraus die weltbekannte Wiener Konsularakademie. Nach dem ersten Weltkrieg wurde diese Akademie als „Freie Hochschule für Politik und Volkswirtschaft“ weitergeführt und erfüllte nicht nur ihre Aufgabe als Bildungsstätte des österreichischen diplomatischen Nachwuchses, sondern hatte darüber hinaus eine außerordentliche Anziehungskraft für Studierende aus dem Ausland.

Die ruhmreiche Tradition der im Volksmund immer „Konsularakademie“ genannten Einrichtung wurde nach 1945 nicht mehr fortgesetzt. Das Gebäude der Konsularakademie in der Boltzmanngasse im 9. Wiener Gemeindebezirk wurde Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, und die Ausbildung des Diplomatennachwuchses wurde wieder eine Aufgabe der Hochschulen. Die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien richtete zum Beispiel einen Lehrgang für absolvierte Akademiker mit dem Titel „Lehrgang für internationale Studien“ ein. Dieser ursprünglich einjährig und dann zweijährig geführte Lehrgang stellte einen echten „Post-graduate“-Kurs dar. Die Bewerber um Aufnahme in den diplomatischen Dienst waren aber, soweit sie das Doktorat der Rechts- beziehungsweise Staats-. Wissenschaften erworben hatten, keineswegs zur Teilnahme an diesem Lehrgang als Voraussetzung für die Aufnahme in den Auswärtigen Dienst verpflichtet. Einzig und allein Absolventen der philosophischen Fakultät mit dem Fach Geschichte, mußten den Lehrgang für internationale Studien vor der Aufnahme an das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten absolviert haben.

Großzügige Stipendien

Das wird nun anders. Bewerber um Teilnahme an den Kursen der neuen Akademie müssen ein Doktorat der Rechts- und Staatswissenschaften, der Handelswissenschaften beziehungsweise der Philosophie als Aufnahmevoraussetzung bringen. Kenntnisse der englischen und französischen Sprache sind ebenfalls Vorbedingung. In einem einjährigen Kurs werden die Teilnehmer unter der Anleitung von führenden Lehrkräften sowohl in fachlicher als auch in sprachlicher Hinsicht für ihren zukünftigen Einsatz als Diplomaten gründlich vorbereitet werden. Die Teilnehmer, die den Lehrgang erfolgreich abgeschlossen haben, können Ohne Ablegung der bisher vorgeschriebenen Aufnahmeprüfung in das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Dienstleistung berufen werden. Die Aufnahme von Hörern aus dem Ausland wird die Teilnehmer an dem Kurs mit dem für die diplomatische Arbeit notwendigen Auslandskontakt schon während der Studienzeit an der Akademie in engste Verbindung bringen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Diplomatengenerationen vor allem aus Entwicklungsländern in Österreich heranzubilden und einen wertvollen Beitrag zur Verstärkung der politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen Österreichs zu leisten.

Man wird sich den Teilnehmern an den Kursen gegenüber nicht kleinlich erweisen und diesen absolvierten Akademikern Stipendien in der Höhe von monatlich 3000 Schilling gewähren. Hiermit ist die Konkurrenz der Wirtschaft für die Hochschulabsolventen etwas gebannt und den Teilnehmern die Möglichkeit geboten, sich ohne finanzielle Schwierigkeiten ausschließlich dem berufsvorbereitenden Studium zu widmen. Ein Teil der Hörer soll in einem Hochschulinternat untergebracht werden. Es werden daher auch Akademiker aus den Bundesländern und dem Ausland ohne lästige Quartiersorgen die neue diplomatische Akademie absolvieren können.

Ein ungelöstes Problem dürfte noch die Verpflichtung österreichischer Lehrkräfte darstellen. Es ist zwar beabsichtigt, mit dem Institut für höhere Studien und wissenschaftliche Forschung, das allgemein auf Grund der Schenkung der Ford Foundation eher als „Ford-Institut“ bekannt ist, eng zusammenzuarbei ten. Diese Institution verpflichtet viele ehemalige Österreicher, die nach 1938 ins Ausland emigriert sind, als Lehrkräfte auf dem Gebiet der Wirtschafts-, Sozial- und politischen Wissenschaften. Man wind nicht umhin können, neben diesen „Auslandsösterreichern“ doch auch österreichische Lehrkräfte zu verpflichten, die die Entwicklung Österreichs nach 1945 im Inland erlebt haben. Die Verpflichtung ausländischer Kräfte für den Sprachunterricht dagegen, ist absolut zu begrüßen und wird den Teilnehmern der Akademie beste sprachliche Voraussetzungen für die spätere Berufsausübung sichern.

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