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Spielerische Moderne
Die jetzige Ausstellung der Buchhandlung Kosmos (Wollzeile) wird vor allem den Subtilitätenjägern unter den Kunstfreunden willkommen sein; sie zeigt zwar keine Hauptwerke der Moderne — eignet sich deshalb auch keineswegs zu Diskussionen—, läßt aber die spielerischen und anmutig-kapriziösen Fingerübungen einiger ihrer großen Meister sehen, Etüden, in denen die Problematik des gegenwärtigen Kunstschaffens 'gleichsam in morgensternscher Weise ironisiert wird. (Und die farbigen Scherenschnitte aus dem Zyklus „Jazz“ von Matisse sind wirklich enge Verwandte der Buptpapierillustrationen, die
Christian Morgenstern seinerzeit zu seinen „Galgenliedern“ gebastelt hat.) Man bemerkt erfreut, daß auf diesen artistischen Seitenwegen sogar Fernand Leger noch menschlicher Neigungen fähig ist: die Lithographien der „Zirkus“-Folge lassen nichts von der abstrakt ten Grausamkeit seiner bekannten Maschinen-und Roboterbilder erkennen, sondern stellen mit unerwarteter Grazie ein vergnügtes und dekoratives Leben dar, in das Leger nicht einmal die üblichen Zahnräder und Kurbelwellen eingebaut hat. In dieser Umgebung verliert sogaj Rouaults „Divertissement“ etwas von seinem Todernst und gibt sich zarter und harmloser, als es in Wirklichkeit eigentlich ist. Matisse, der wahre Klassiker der modernen Kunst, bleibt sich freilich in Spiel und Ernst gleich — er weiß, wie immer, beide in eins zu verschmelzen.
Im ganzen sicherlich nichts Erregendes und Bewegendes, aber doch eine freundliche Ausstellung, die auf ihre Art zeigt, v,-ie es die sehr nachahmenswerte französische Kulturpolitik versteht, nicht nur den Monumentalwerken, sondern auch den kleineren und fast nebensächlichen Leistungen ihrer Künstler Publizität und Anerkennung zu verschaffen — zum Nutzen nicht nur der Künstler allein.
Hingewiesen sei auf die im Wiener Globusmuseum — es ist der Öffentlichkeit immer noch zu wenig bekannt — stattfindende Ausstellung anläßlich des 300. Todestages des großen venezianischen Geographen und Kartographen Vincenzo Maria Coronelli (siehe „Furche“ vom 17. Juni d. J.). Neben den wundervollen alten Globen und Karten, die nicht nur das Interesse der Berufsgeographen erwecken dürften, wird die Aufmerksamkeit des Besuchers besonders den Vorschlägen Coronellis für eine — Donauregulierung (1717) gehören, auf Grund derer Coronelli immerhin mit kaiserlichem Dekret zum „Direktor und Komissar der Donau“ ernannt wurde, wenn es auch mit der Stromregulierung noch gute Wege hatte.
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