WORTE FÜR STILLERE STUNDEN

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Prominente wie Friederike Mayröcker und Michael Heltau wählen ihre 25 Lieblingsgedichte, machen damit ihren Literaturgeschmack sichtbar und laden zum Mitlesen ein.

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Prominente wie Friederike Mayröcker und Michael Heltau wählen ihre 25 Lieblingsgedichte, machen damit ihren Literaturgeschmack sichtbar und laden zum Mitlesen ein.

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Lyrik gehe gar nicht mehr, erzählte unlängst ein Lyriker im Kreis von Literaturliebhabern. Selbst in jenem Verlag, in dem er als Autor seit Jahren veröffentlicht, müsse er sich nun auf Wartezeiten einstellen, bis wieder ein "Platz" frei werde für einen Lyrikband. Denn mehr als ein Lyrikband pro Saison sei für den Verlag einfach nicht drin und er sei nicht der einzige Lyriker des Verlages.

Was tun, um auch in Zukunft Lyrik an Leserinnen und Leser zu bringen? Das Projekt "Meine 25 Lieblingsgedichte" versucht eine Antwort darauf, mithilfe des folgenden Rezepts: Die Bücher überfordern von der Menge der Auswahl her nicht - 25 Gedichte schrecken nicht ab, sondern laden zum Schmökern ein. Die schmalen Bände werden zudem nett illustriert und, last not least, die Gedichte wurden von prominenten Gedichtliebhabern ausgewählt. Zudem erscheinen die Bücher in Kooperation mit dem ORF. Vielleicht gelingt so, was sonst kaum mehr gelingt: Dass alte und neue Gedichte ihre Leserinnen und Leser finden.

Wenn Persönlichkeiten ihre Lieblingsgedichte wählen, mag es interessant sein, nachzusehen, was sie auswählen, nach dem Motto: Sage mir, welche Gedichte du liest, und ich sagte dir, wer du bist.

Die spannendste Auswahl hinsichtlich zeitgenössischer Literatur trifft unter den bisher erschienenen Bänden - was nicht weiter verwundert - die Lyrikerin selbst: Friederike Mayröcker versammelt unter anderem Gedichte von Thomas Kling, Friedrich Hölderlin, Inger Christensen, Ilse Aichinger, Norbert Hummelt, Heinrich Heine, Oskar Pastior, Oswald Egger.

Was an den bisher vorliegenden Bänden auffällt, ist die Präsenz österreichischer Lyrik, auch Erwin Steinhauer liest sie gerne und wählte Texte von H. C. Artmann, Karl Kraus, Gerhard Rühm und Arthur Schnitzler aus. Schauspieler Michael Heltau greift eher in die Klassikerkiste und zieht aus ihr Texte von Goethe, Lessing, Eichendorff, Doderer, Kästner, Schiller, Rilke und Hofmannsthal, aber Gedichte von Jandl finden sich auch in seinem Bändchen (bei Mayröcker fehlen sie selbstverständlich auch nicht). Daniel Spoerri wiederum spannt den Bogen zu Arp, Morgenstern, Ringelnatz und Valentin.

Einladung zum Verweilen

Gedichte laden zum Verweilen ein - und geleiten durch den Winter. Das soll abschließend eine Kostprobe aus Michael Hamburgers Gedicht "November" in der Übersetzung von Peter Waterhouse zeigen, das Heltau für seinen Band wählte: "Heute durch die Marsch pfeift wieder Sturm, / Macht Skelette aus lebendigen und toten Bäumen / Doch wirft nichts um. Die Sonne scheint. Es steht gut."

Meine 25 Lieblingsgedichte

Bisher erschienen Bände von Friederike Mayröcker, Michael Heltau, Erwin Steinhauer, Daniel Spoerri

Styria premium 2012

je 64 S., geb., € 16,-

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