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Der Retter der Furche

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Hanns Sassmann, der ehemalige Generaldirektor des Verlags Styria, ist am 15. Juni in Graz im 73. Lebensjahr verstorben.

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Hanns Sassmann, der ehemalige Generaldirektor des Verlags Styria, ist am 15. Juni in Graz im 73. Lebensjahr verstorben.

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Vor knapp drei Jahren haben wir Hanns Sassmann zu seinem 70. gefeiert - den „Mann, der Österreichs Mediengeschichte gestaltete”. Wir riefen ihm zu: „Hanns, wir brauchen dich noch!”, als er nach 26 Jahren an der Spitze des Styria-Hau-ses die Führung abgab und sich in einen Ruhestand zurückzog, der ihm noch so manche Aufgabe übrig zu lassen schien. Es sollte anders kommen -am Sonntag ist Hanns Sassmann, noch nicht 73 Jahre alt, einem Krebsleiden erlegen.

Ohne Hanns Sassmann gäbe es heute keine furche, aber wohl auch so manche andere katholische Medieninstitution nicht. Als unser Blatt im Frühjahr 1976 eingestellt werden sollte, weil der Herold-Verlag das Defizit nicht mehr tragen konnte, fanden sich mit Sassmann, Wolfgang Schmitz, Gebhard Koberger Männer, die der Meinung waren, der Untergang der Furche bedeutete den Verlust eines Stückes österreichischer Identität, und die Wege zur Rettung fanden: in der Zusammenarbeit aller katholischen Verlage (mit Ausnahme der Tyrolia, die ihre eigene Zeitung finanzieren mußte) und vieler Freunde, die sich der Aufgabe stellten.

Seither blieb die furche das Lieblingskind des „Styria-Generals”, der zu seiner Stützung noch unmittelbar vor seinem Ausscheiden den Friedrich-Funder-Fonds ins Leben rief.

Mit Friedrich Funder war der knapp dreißigjährige Sassmann schon 1954 im Pressebeirat des „Pressebischofs” Franz König - damals Weihbischof in St. Pölten - zusammengesessen, um die Neuordnung des katholischen Pressewesens umzugestalten.

Hanns Sassmann kam aus der Kaderschmiede Karl Maria Stepans, des einstigen Landeshauptmannes der Steiermark, der als einziger Zeitungsverleger der Nachkriegszeit systematische Nachwuchspflege betrieb und sich dazu die Zeitung der Katholischen Jugend, die „Wende”, als Übungsgelände zur „Sty-ria” nach Graz holte. Auch Fritz Csoklich, Julius Kainz, Hermann Stöger „wuchsen” hier „auf”, Sassmann schon früh für Führungsaufgaben im Verlagswesen bestimmt.

Der an der Ostfront schwerverwundete Offiziersanwärter war schon 1944 aus der Wehrmacht entlassen worden, betätigte sich in der Katholischen Jugend, im Untergrund, studierte nach Kriegsende Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte und ließ sich von Kardinal Theodor Innitzer einladen, die Führung der Diözesanjugend zu übernehmen. Die Mitarbeit in der - damals noch in Wien erscheinenden - „Wende” ließ Ste-pan auf ihn aufmerksam wer den.

Stand Stepan in der Beihe der großen Alten der katholischen Publizistik, die noch Monarchie und Erste Republik mitgestaltet hatten und die da waren, als 1945 neu begonnen werden mußte - mit Funder, Ernst Molden, Jakob Fried, Gustav A. Ca-naval —, so dominierte Hanns Sassmann bald in der Kriegsteilnehmer-und Heimkehrer-Generation, die nun nachrückte.

Seit 1951 fest im Haus Styria verankert, nach Ausbildung im Ausland 1954 Direktionssekretär in Graz, war er schon in die Durchführung der Beschlüsse eingebunden, die der Katholikentag 1952 zur Ausgestaltung des katholischen Pressewesens gefaßt hatte: Ausbau der Kathpreß zur Agentur, Einrichtung eines Pressebeirats des Pressebischofs, Gründung der Arbeitsgemeinschaft katholischer Journalisten und des Verbandes katholischer Publizisten. Es gibt wohl kein einschlägiges Gremium, in dem Sassmann nicht entscheidend mitgearbeitet, durch Jahre den Vorsitz geführt hätte.

1959 übernahm er die Leitung des Zeitungsverlages der Styria, 1964 wurde er Stellvertreter des Generaldirektors und schließlich nach Stepans Tod logischer Nachfolger als oberster Chef aller Styria-Betriebe -der Tages- und Wochenzeitungen, des Buchverlags und der Druckerei, der Buch- und Kunsthandlungen und der Galerie.

In einer Zeit, da andere Verlage ums Überleben kämpften und viele untergingen, expandierte die Styria, engagierte sich bei der „Neuen Vorarlberger Zeitung”, zeitweise beim „Kurier”, dann in der „Presse”. Und als sich die Hoffnungen nicht erfüllten, die furche könnte in wenigen Jahren nach ihrer Sanierung 1976 auf ein sich selbst tragendes Niveau gebracht werden, war es Hanns Sassmann, der immer wieder die Hilfe der Styria zur Verfügung stellte.

Der - nach den Worten des Landeshauptmannes Josef Krainer - in Graz „endgültig styrifizierte Wiener” Sassmann fand neben der gewiß auslastenden Verlagsarbeit und den darüber hinausgehenden Engagements im Medienwesen Zeit und Kraft als Mäzen der Grazer Universität, als Kurator des Landesmuseums Joanneum, als Vorsitzender des Kuratoriums Grazer Dom, als Ehrenmitglied des Militärkommandos Steiermark zu wirken.

Der starke Raucher, dem scheinbar genügte, auf der Rückfahrt nach Graz nach anstrengenden Sitzungen eineinhalb Stunden im Wagen einzunicken, um wieder einsatzfähig zu sein - er kannte keine Schonung der eigenen Person. I Iat er sein Iebenslicht an beiden Enden brennen lassen? Oder war das Ausscheiden aus all dem, was ihn durch 45 Jahre erfüllt hatte, der Anlaß, die Abwehrkräfte schwinden zu lassen? Hanns Sassmann wird uns fehlen, auch wenn e£ in den letzten drei Jahren nicht mehr wie einst in Österreichs katholischem Medienwesen allgegenwärtig war.

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