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Franz Fiedlers Bundespräsidentschafts-Ambitionen brachten dem Österreich-Konvent unerwartete, aber leider nur kurze Medienpräsenz. Ein Bericht über den Fortgang des Ö-Konvents, nachdem die Fiedler-Hatz wieder zu Ende war.

Der Tag beginnt mit einem lauten Schnaufer: Franz Fiedler bläst deutlich hörbar in die Luft; er ist gerade in den Sitzungssaal geeilt, hat seine Tasche am Platz des Vorsitzenden abgestellt, macht am Absatz kehrt und ist schon wieder unterwegs in die Parlamentshalle zum nächsten Interview. Hinter, neben, vor ihm: Journalisten, Fotografen, Kameraleute. Fritz Verzetnitsch und Christoph Leitl beobachten die Fiedler-Hatz mit Vergnügen - es kann sogar sein, dass einer der beiden Sozialpartner-Präsidenten "selber Schuld" sagt, und der andere zustimmend nickt.

Die Schadenfreude hält nicht lang: Fiedler läutet mit der Glocke des Vorsitzenden; die 9. Plenarsitzung des Österreich-Konvents am vergangenen Freitag ist eröffnet; da entdecken die Fotografen, dass sie Heinz Fischer und Franz Fiedler auf ein Foto bekommen, wenn sie - ja, wenn sie genau dort stehen, wo Verzetnitsch sitzt.

Medienpräsenz hautnah

In den nächsten Minuten spürt der ÖGB-Chef hautnah, was Medienpräsenz bedeutet - bis sich Fiedler für "das Interesse der Presse am Konvent" bedankt und zur Mäßigung aufruft. Verfassungsrichter Gerhart Holzinger beginnt mit seinem Ausschussbericht über die staatlichen Institutionen - das Signal für Journalisten und Fotografen den Saal zu verlassen. Ein Tageszeitungs-Kollege schaut den Wochenzeitungs-Schreiber mitleidig an und fragt: "Du bleibst?"

Soviel vorweg, umwälzende Änderungen der Staatsstruktur schlägt der Ausschuss nicht vor: Konsens besteht laut Holzinger darüber, dass die Einberufung von Nationalrat und Bundesversammlung künftig nicht mehr vom Bundespräsidenten, sondern vom Nationalratspräsidenten vorgenommen werden soll. Bezüglich der Anzahl der 183 Nationalratsabgeordneten sieht man angesichts internationaler Vergleichswerte "keinen Änderungsbedarf". Außerdem vertritt der Ausschuss die Ansicht, dass Volksbegehren mit Ende der Legislaturperiode nicht mehr zwingend verfallen sollen. Die Forderung, das Verhältniswahlrecht aus der Verfassung zu streichen war im Ausschuss dagegen ebenso wenig konsensfähig wie die Forderung nach einer Verlängerung der Legislaturperiode, einer Wahlaltersenkung auf 16 Jahre, die Einführung der Briefwahl oder des E-Votings.

Der Konvent soll doch "kühn" sein, und einer Walaltersenkung zustimmen, fordert postwendend Heinz Fischer in seiner Wortmeldung. Da könnte das Gremium wirkliche Pionierarbeit leisten, meint er. Fischer lobt die Ausschussarbeit, denn "das Terrain ist alles andere als leicht" und zeigt, dass er - trotz Wahlkampf - gut in die Materie eingearbeitet ist: Erst bei 24 der 73 Diskussionspunkte, zählt er auf, gibt es Konsens. Für Fischer jedoch kein Grund zur Resignation, sondern eher Ansporn.

Bundesrat ohne Alternative

Was die künftige Rolle des Bundesrates betrifft, verlässt aber auch Heinz Fischer ein wenig der Elan. Als Ausweg zitiert er den letzten Satz aus dem Essay "Der Mensch ohne Alternative" von Leszek Kolakowski: "Das Problem ist nicht nur ungelöst, es ist unlösbar."

Einig ist man sich beim Bundesrat nur, hat zuvor Ausschussvorsitzender Holzinger gemeint, dass "ein besonders gravierender Änderungsbedarf besteht", weil er seine Aufgabe - die Länderinteressen in der Bundesgesetzgebung zu wahren - "nicht ausreichend effektiv wahrnehmen kann". Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer fackelt nicht lange und fragt und schimpft zugleich: "Will man in diesem Land die Mitsprache der Länder oder nicht?" Den Konvent im Saal des Bundesrates tagen zu lassen, sei jedenfalls zuwenig, bemängelt der Landeshauptmann. Und die neun Landeswappen an der Wand hinter Pühringer stärken dem Föderalist den Rücken.

Bundesrat Herwig Hösele schlägt vor, die Länderkammer frühzeitig in die Gesetzgebung einzubinden: Erst ganz am Schluss Ja oder Nein sagen zu dürfen, sei zu wenig, meint er. Außerdem wünscht sich der Steirer mehr "Verkoppelung zwischen Bundesrat und den Entscheidungsträgern in den Ländern", was darauf hinausläuft, die Landeshauptleute-Konferenz und Landtagsabgeordnete in den Bundesrat zu integrieren. Hösele überschreitet seine Redezeit, das rote Lämpchen am Rednerpult blinkt unentwegt, doch der Bundesrat lässt sich nicht bremsen; der Vorsitzende greift zur Glocke, schaut noch strenger als zuvor, was bei Fiedlers Matura-Vorsitzenden-Miene etwas heißen will, bis Hösele, mit kurzer Verbeugung vor dem Präsidenten, widerwillig den Platz räumt.

Fischer-Fiedler-Fairness

Ganz anders bei Heinz Fischer: Als hätten die beiden bereits ein Fairnessabkommen unterschrieben, hört der eine pünktlich auf, und der andere geleitet ihn mit freundlichen Worten zum Platz: "Danke, Herr Präsident Fischer!", sagt Präsident Fiedler, "Bitte, Herr Präsident Leitl!" Während der Wirtschaftskammer-Chef die Sozialpartnerschaft in die Verfassung hineinreklamiert, grummelt Madeleine Petrovic: "Heute präsidentelt es wieder." Die Klubobfrau der Grünen im NÖ Landtag hält es nicht lange am Sitz: "Herr Präsident", beginnt sie ihre Rede und lässt einen langen Gedankenstrich folgen, "- des Konvents!"

Aufgrund der Aktualität, habe sie zuerst gezögert, zur Rolle des Bundespräsidenten etwas zu sagen, salbadert Petrovic: "Doch eigentlich ist der Zeitpunkt immer schlecht", relativiert sie ihre Befürchtungen. Auf eine Entmachtung oder gar Abschaffung des Bundespräsidenten konnte sich der Ausschuss nicht einigen. Eine Mehrheit tritt aber dafür ein, die "antiquierten Rechte" des Präsidenten zu streichen. Herauskommen soll laut Petrovic ein "Mittelding zwischen repräsentierendem Monarchen und Volkstribun". Heinz Fischer ist bei dieser Wortmeldung nicht im Saal, und Franz Fiedler tut so, als ginge ihn das alles nichts an. "Mit dem Präsidentenamt sollen jedenfalls keine Rechte verknüpft werden, die in der Praxis nicht durchsetzbar sind", fordert Petrovic. Das rote Lämpchen blinkt, ausgeredet sagen die Uhr - und der Präsident.

Internethinweis: www.konvent.gv.at

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