Soziale Probleme spielerisch überwinden

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Miteinander singen, reden, spielen und lachen. Ein neues, "spektakulär unspektakuläres Programm" will Kinder,Schulen und Familien zusammenbringen und stärken.

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Miteinander singen, reden, spielen und lachen. Ein neues, "spektakulär unspektakuläres Programm" will Kinder,Schulen und Familien zusammenbringen und stärken.

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Spektakulär unspektakulär" nennt der österreichische Projektleiter Michael Hollenstein das sogenannte "FAST"-Programm. Tatsächlich: Miteinander spielen, reden, singen und lachen sind die wichtigsten Elemente dieses in den USA entwickelten Programms. Die Wirkungen sind dennoch nachweisbar positiv.

Die Koblacher Volksschule an einem Donnerstag Abend. Ein Mädchen baut ein Labyrinth aus Holzteilen am Tisch auf. Die Mama folgt brav den Anweisungen, was wohin gehört. Am Tisch daneben ist aus Bauklötzen eine Mischung aus Kegelbahn und Minigolfplatz entstanden. Ein Bub schießt eine Murmel über die Bahn und jubelt: "Treffer!" Klare Spielregeln gibt es nicht, aber das ist ja wohl auch egel. Das "Special Play" an diesem "FAST"-Abend ist tatsächlich etwas besonderes: Die Eltern müssen dabei eine Viertelstunde lang mit ihren Kindern spielen.

Diesmal ist allerdings das Kind der Boss und bestimmt, was und wie gespielt wird. Herkömmliche Spielsachen gibt es nicht, dafür stehen Knöpfe, Kugeln, Bauklötze und Ähnliches bereit. "FAST" ist die Abkürzung für "Families and Schools together", auf gut deutsch: "Familien und Schulen zusammen". Das Programm wurde Ende der achtziger Jahre von der Psychologin Lynn McDonald an der Universität von Wisconsin entwickelt. Inzwischen wird es in rund 700 Schulen vor allem in den USA, Kanada und Australien eingesetzt.

Die Grundzüge sind überall die selben. Anfangs treffen sich die teilnehmenden Familien einer Schule acht Wochen lang jeweils einmal pro Woche. Die Eltern und Kinder im Alter zwischen fünf und sieben Jahren werden von einem "FAST"-Team angeleitet, das aus Eltern, Lehrern und Experten wie Psychologen und Sozialarbeitern besteht.

"Schwieriges" Umfeld Die Abende folgen festen Abläufen. Die tatsächlich reichlich unspektakulären Aktivitäten sollen die Kontakte innerhalb der, aber auch zwischen den Familien stärken. "FAST" mache die Kinder selbstbewusster und helfe Konzentrationsdefizite und Aggressivität abzubauen, schildert Universitätsprofessorin McDonald im furche-Gespräch. Gleichzeitig würden der Zusammenhalt und die Kommunikation innerhalb der Familien gestärkt.

Auch die Kontakte der Familien untereinander werden mehr. Der Erfolg ist messbar: Die Kinder sind weniger anfällig für Drogenkonsum oder Kriminalität. Ihre Leistungen in der Schule werden besser. "Gemessen" werden die Wirkungen über standardisierte Tests, denen sich Kinder, Eltern, aber auch die Lehrer vor, während und nach dem Programm unterziehen müssen. Die Tests dienen vor allem der Qualitätskontrolle. McDonald: "Wir wissen, bei welchen Werten eine Gruppe gut gelaufen ist." Wert legt sie außerdem auf die wissenschaftliche Fundierung des Programms. Ein Geheimnis des Erfolges sieht McDonald im niedrigen Alter der Kinder: "Ich wollte mit meinem Präventionsangebot früher anfangen als andere.

Kleine Kinder, kleine Probleme - große Kinder, große Probleme", meint die Universitätsprofessorin. Außerdem werde mit der ganzen Familie gearbeitet statt, wie sonst üblich, nur mit den Kleinen alleine. In der Übertragbarkeit nach Europa sieht die "FAST"-Begründerin kein Problem: "Es ist ja oft auch bei uns ein großer Unterschied zwischen einer Schule und der nächsten, nur ein paar Meilen entfernt." Zwischen irgendeiner Landgemeinde in Wisconsin und Vorarlberg sei der Unterschied vermutlich kleiner als zwischen Vorarlberg und Wien.

Nach den ersten Versuchen in Vorarlberg soll "FAST" bald auch in "schwierigeren" Gegenden angeboten werden: In städtischen Wohnsiedlungen mit hohem Ausländeranteil beispielsweise. Schließlich werden auch in den USA vor allem Familien aus schwierigen sozialen Verhältnissen betreut.

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