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Für die Schule und fürs Leben

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Was Hänschen nicht bereits in der Schule oder im Feriencamp gelernt hat, kann Hans später im Sprachkurs nachholen. Die Angebote sind zahlreich.

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Was Hänschen nicht bereits in der Schule oder im Feriencamp gelernt hat, kann Hans später im Sprachkurs nachholen. Die Angebote sind zahlreich.

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Eine „ganz normale" Schulstunde in der Ko-mensky-Schule in Wien kann ahnungslose Zuhö rer in Staunen versetzen. „Bitte antwortet mir jetzt auf Tschechisch!", sagt die Lehrerin, bevor sie die nächste Frage stellt. Und ein paar Minuten später heißt es: „Jetzt sprechen wir wieder Deutsch!" - Zweisprachigkeit ist für die Komensky-Schüler die selbstverständlichste Sache der Welt. „Für die Mehrzahl der Kinder ist Tschechisch die Muttersprache, wir haben aber auch Schüler, die zu Hause nur Deutsch sprechen", erklärt Schulleiterin Alena Hoff. Auch ohne Tsche-chisch-Vorkenntnisse ist der Eintritt in diese Schule möglich - wenn auch „diejenigen es leichter haben, die schon bei uns im Kindergarten waren".

Während internationale Schulen nach ausländischem Lchrplan unterrichten - wie das Französische Lyce-um oder die Japanische Schule in Wien - gilt in der Komensky-Schule der österreichische Lehrplan. Seit heuer wird die Hauptschule in eine „bilinguale Sekundärschule" übergeleitet, die der Unterstufe eines Realgymnasiums entspricht. Deutschunterricht geben ein Lehrer mit deutscher Muttersprache und eine tschechischsprachige Kollegin gemeinsam: Das soll optimale Lernbedingungen für alle Schüler schaffen. „Auch für die Volksschule streben wir diese Form des Deutschunterrichtes an", so Alena Hoff.

„Ostsprachen" werden immer wichtiger im Berufsleben - dennoch werden die Möglichkeiten, sie bereits in der Schule zu Um sicherzustellen, daß auch die „Weltsprache Englisch" nicht vernachlässigt wird, wird es ab dem kommenden Schuljahr für die Russisch-Schüler Englischunterricht ab der dritten - und nicht, wie bisher, erst ab der fünften Klasse - geben. „Die Schüler können dann auch leichter von der ,Stubenbastei' in eine berufsbildende höhere Schule wechseln", erläutert Schulleiterin Margit Auer.

Auch in Schulen der jeweiligen Volksgruppen können „Ostsprachen" erlernt werden - eine Möglichkeit, die von Schülern mit deutscher Muttersprache allerdings kaum in Anspruch genommen wird. Voraussetzung ist meist ein Minimum an Vorkenntnissen. „Bei uns müssen alle genug Slowenisch können, um dem Unterricht folgen zu können", erklärt Reginald Vospernik, Leiter des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums für Slowenen in Klagenfurt. Für Kinder, deren Sprachkenntnisse dafür nicht reichen, gibt es aber die Möglichkeit von Sprachferien in Slowenien.

„Bilingualer Unterricht" wird neuerdings auch an anderen Schulen geboten - allerdings beschränkt auf einzelne Unterrichtsfächer und konkrete Projekte. Auch beim „klassischen Sprachunterricht" hat sich vieles verändert. Neben Englisch und Französisch werden imlernen, wenig genutzt. Das Bundesgymnasium und -realgymna-sium Stubenbastei bietet als einzige Schule in Österreich alternativ zu Englisch auch Russisch ab der ersten Klasse an. Nach einem „Russischboom" zu Beginn der Perestroika ist das Interesse deutlich abgeflacht, obwohl in der Wirtschaft ein zunehmender Bedarf an Arbeitskräften mit Russischkenntnissen besteht.

Eine Ursache für den geringen Zulauf mag im „Werbungsverbot" liegen: „Wir dürfen leider nicht an die Volksschulen gehen und dort über unser Angebot informieren", erzählt Russischprofessorin Regina Erdinger. Die Folge ist ein Informationsdefizit bei Schülern und Eltern. Viele -Schüler wie Eltern - überschätzen zudem die Schwierigkeit, die kyrillische Schrift zu erlernen. Dazu kommt die Sorge der Eltern, den Kindern beim Russischlernen nicht helfen zu können. Dies alles sei unbegründet, betont Erdinger. „Nicht die Eltern, sondern wir Lehrer sind dazu da, den Schülern beim Lernen zu helfen." mer häufiger Spanisch, Italienisch und Russisch, vereinzelt auch Ungarisch und sogar Japanisch angeboten - durchwegs in der Oberstufe der Gymnasien als Wahlpflichtfächer oder Freigegenstände. Der Vorteil ist, daß hier meist die Schüler selbst ihre Wahl treffen und mit Interesse bei der Sache sind.

Nicht nur das Spektrum des Angebotes, auch die Unterrichtsmethoden sind in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Im Rahmen des Schulversuches „Lollipop" in Wiener Volksschulen werden Kinder spielerisch mit Englisch vertraut gemacht. Jeweils zehn Minuten pro Tag wird von speziell dafür ausgebildeten Lehrern in englischer Sprache unterrichtet -die Kinder singen englische Lieder, spielen, zählen, ja rechnen sogar auf Englisch. „Der Erfolg ist erstaunlich", meint Waltraud Gruber, Leiterin der Volksschule Aspernallee.

Englischlernen kann Spaß machen - das wollen auch „Katja" und der „Kater Huckle", die seit Jänner durch Österreich touren, Schulkindern ver- Fremdsprachige Literatur hilft mittein. „Huckle" ist eine der Hauptfiguren der Bücher eines amerikanischen Kinderbuchautors, seine Begleiterin ist Katja Adler, Moderatorin bei „Blue Danube Badio". Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt „Huckle goes Vienna", das von „Blue Danube Badio" und dem Wiener Stadtschulrat entwickelt wurde, führt die Reise nun durch alle Bundesländer. Jeweils zwölf Schulen pro Land werden besucht, überall wird mit acht- bis elfjährigen Kindern eine Stunde lang in englischer Sprache geplaudert, gespielt, gelacht, getanzt, gesungen. „Natürlich bringen wir den Kindern auch neue Wörter bei, aber auf spaßige Art", erzählt Katja Adler. Für die „Huckle" -Österreich Tournee im Schuljahr 1997/98 können sich interessierte Klassen bereits anmelden.

Spiel und Spaß stehen auch bei Sprachferien für Kinder im Vordergrund. Es muß sich dabei keineswegs um einen teuren Auslandsaufenthalt handeln - auch in Österreich können Kinder Sprachpraxis erwerben, wenn sie im täglichen lieben die Fremdsprache anwenden. „English for Kids" bietet für Sieben- bis Vierzehnjährige ein „Füll Immersion"-Pro-gramm im steirischen Semriach an. Englisch wird dort für zwei Wochen zur Umgangssprache im Alltag beim Spielen, beim Sport, beim Einkaufen und Postkartenschreiben. „Sogar Beit- und Tennisunterricht gibt es - auf Englisch", erzählt Geschäftsführerin Irena Köstenbauer. Kein Wunder, daß die Kinder nur zu gern die dafür nötigen Vokabel lernen. Die Gruppen werden nach Altersstufen zusammengestellt und bestehen aus fünf bis zehn Kindern; unterrichtet wird von „native Speakers", die ausgebildete Lehrer sind.

Auch im „Holiday Camp Austria" ist die Betreuung von Sprachferien-Gruppen durch „native Speakers" selbstverständlich. Neben Englisch-Sprachferien werden heuer in den drei „Camps" - am Neusiedler See, in St. Gilgen am Wolfgangsee und im Schloß Liechtenstein in Judenburg -erstmals auch Französischurlaube für Dreizehn- bis Sechzehnjährige angeboten. „Seit einigen Jahren wird der Französischunterricht an den Schulen wieder mehr forciert und zum Teil auch schon in der Unterstufe angeboten. Ein entsprechendes Ferienangebot in Österreich fehlte bis jetzt", erläutert Geschäftsführerin Christine Scheibenreif.

Auch immer mehr Erwachsene drücken wieder die Schulbank, um Sprachen zu lernen - oft aus eigenem Interesse, immer häufiger aber aus beruflicher Notwendigkeit. Das Angebot ist breit - vom mehrere Semester dauernden Abendkurs einmal pro Woche bis zum „Super-Super-Programm", bei dem in zwei bis vier Wochen das Sprachziel erreicht werden soll. Werden Sprachen für den Beruf gebraucht, ist möglichst rasches und intensives lernen gefragt - ein Bedarf, auf den sich vor allem private Anbieter längst eingestellt haben.

„Wir definieren mit dem Teilnehmer das Sprachziel - Fähigkeit zur Verständigung, Konversation oder Ausbildung für einen speziellen Fachbereich - und erstellen mit ihm den Zeitplan nach seinen individuellen Anforderungen", erklärt Christina Bangerl, Leiterin der Sprachschule Berlitz am Graben in Wien. Vor allem Firmen, die für ihre Mitarbeiter buchen, „aber auch Privatpersonen, die wenig Zeit haben", bevorzugen Intensivkurse. Gelernt wird einzeln oder in Kleinstgruppen, halb- oder sogar ganztägig. Die Erfolgschancen sind insgesamt gut, da ein konzentriertes Lernen abseits vom Alltagsstreß ermöglicht wird. Noch mehr als bei jeder anderen Unterrichtsform ist der Erfolg jedoch von den individuellen Fähigkeiten des Lehrers abhängig - und auch davon, ob das Gelernte bald in die Praxis umgesetzt werden kann. Ist das nicht der Fall, lohnen sich Geld und Mühe kaum - das Gelernte ist dann rasch wieder vergessen.

Auch die Volkshochschulen stellen sich bereits auf den neuen Trend ein: „Wir bieten auch Intensivkurse an Wochenenden an. Und bei Bedarf Sonderlösungen außerhalb des regulären Kursprogfamms", betont Andreas Paula, der Leiter der Sprachenabteilung der Volkshochschule Brigittenau. Auch prüfungsorientier-te Kurse werden angeboten. Davon abgesehen, sind Volkshochschulen vor allem eine kostengünstige Alternative für den, der ohne Zeitdruck, meist aus privatem Interesse, eine Sprache lernen oder Kenntnisse auffrischen will.

Die Qualität von Ausbildungsange-boton im vorhinein zu beurteilen, erweist sich oft als schwierig. „Viel hängt von den Fähigkeiten des Lehrers, aber auch von der I lomogenität der Gruppe ab", erläutert Erika Ka nelutti, Leiterin der Erwachsenenbildungsinformation EBIS in Wien. Deshalb seien auch Einstufungsgespräche oder Tests grundsätzlich positiv zu werten: „Viele Leute lehnen das ab, weil sie dadurch an Prüfungen in der Schule erinnert werden. Aber gerade die richtige Zusammenstellung der Gruppen, abgestimmt auf Lernziel und Können, ist wesentlich für den Erfolg."

Ein weiterer Grundsatz: Je spezifischer das Angebot - oder je größer die Bereitschaft, auf individuelle Teilnehmerbedürfnisse einzugehen -, desto besser. Der klassische „Konversationsabend" findet zwar noch immer sein Publikum, ist aber eher als, durchaus sinnvolle, Freizeitgestaltung zu werten denn als „Sprachausbildung" im engeren Sinn.

Für Wien, Niederösterreich, Burgenland und die Steiermark finden sich in der EBIS-Datei Tausende Angebote - von „Russisch für die Wirtschaft" bis zum Spanischprivatlehrer.

Für den „geborenen Autodidakten" bleibt immer noch die Möglichkeit des Selbststudiums - per Lehrbuch und Tonbandcassette, aber auch per Computer-Fernkurs. Und zum „Frischhalten" vorhandener Kenntnisse gibt es eine einfache Methode: Lesen. „Keine Krimis, sondern Wirtschaftmagazine" empfehlen Personalberater jedem, der seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt wahren will.

Aber wenn schon Krimis, warum dann nicht englische in Originalversion?

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