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Bergfilme im Hintergrund

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Trient entfaltet seine schönsten Reize im Herbst. Wenn die Sonne über dem von Bergen eng umwallten Etschtal liegt und zwischen vergilbenden Blättern Wein und Obst leuchten, die sommerliche Hitze gewichen ist und der Aufenthalt in den geschichtsträchtigen Straßen und Plätzen der alten reichsfürstlichen Bischofsstadt angenehm ist, findet alljährlich in den ersten Oktobertagen die Internationale Festwoche der Berg- und Forschungsfilme statt. Da vereinen sich nicht nur Filmproduzenten und Amateure, sondern auch Ersteiger und Kletterer aus Alpen, Himalaja und Anden, Antarktis- und Urwaldforscher zu freundlichem Beisammensein und begutachten den Wettstreit des Alpinismus und der Kameradschaft im Dokumentarwerk der Filme. Der Schau der Filme bieten Ausflüge in die schönen Gegenden des Trentino Auflockerung. In diesem Jahr, da das Festival zum siebenten Male stattfand, wurde auch eine Ausstellung für Ausrüstungen der Himalajaexpeditionen veranstaltet, für welche Italien, Oesterreich, Frankreich, England, Indien und die Schweiz Materialien beistellte.

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Ursprünglich war die herbstliche Trienter Filmwoche allein dem Bergfilm gewidmet. Indessen ist immer umfassender der Dokumentarfilm hervorgetreten, und zwar weniger im Sinne des echten Forschungs- als vielmehr des, Reisefilms, des Landschaftsfilms .im weitesten Wortsinn. Auch wurden die Amateure von den Professionals des Films zurückgedrängt. Was als Forschungsfilm bezeichnet wird, ist zumeist Reportage oder Kulturfilm, künstlerische Gestaltung liegt oft ganz am Rande. Die Jury, unter Vorsitz von Giulio Cesare Castello, hat denn auch hervorgehoben, daß künftig mehr auf Berg- und echten Forschungsfilm Gewicht gelegt werden soll, entsprechend den festgelegten Richtlinien.

Waren für das VII. Festival zuerst 96 Filme angemeldet, so hatte die Jury 44 aus 17 Ländern zur Aufführung und Teilnahme am Wettbewerb zugelassen. Unzweifelhaft war das Angebot an Reise- und Expeditionsfilmen besser als jenes an Bergfilmen.

Hier sei allein auf die prämiierten Filme eingegangen. Die goldene Alpenrose, die höchste Prämie für einen abendfüllenden Bergfilm, wurde nicht vergeben. Die silberne Alpenrose erhielt Eugen Schuhmacher, Deutschland, für seinen 'Film „Im Lande der schwarzen Bären“, ein Dokument ausgezeichneter Tierbeobachtung in den kanadischen Rocky Mountains, ex aequo mit dem langatmigen japanischen Bergrettungsfilm „Sonan“ von Takeji Takamura. Der goldene Neptun wurde dem Franzosen Jacques Ertaud für seinen poesievollen Film „La galere englitie“ zuerkannt; in den silbernen Neptun teilen sich Hans Ertl mit seinem Film „Hito-Hito“ vom bolivianischen Amazonas und Rio Negro, und der zwar technisch hervorragende, aber nach Inhalt veranstaltungsfremde italienische Film „Die Chinesische Mauer“. Ganz virtuos ist der Reisefilm „Die Traumstraße der Welt“, in dem der Deutsche Hans Domnickg das /Nurschauspiel einer Fahrt von Alaska nach Mexiko gestaltet. Der goldene Enzian ging an den Franzosen Rene Vernadet für den Bergfilm von Dent du Geant „Tant que nous l'aimerons“, der silberne Enzian an den schönen italienischen Kurzfilm „I pastori di Orgisolo“, der auf Sardinien spielt. Ermunterungspreise für Amateure erhielten der Schweizer Raymond Lambert für den Film;„Steige und Felsen am Saleve“ und der Italiener Carlo Manti für den ebenfalls ungekonnten Film „Cerro Torre“. Die Goldmedaille des Staatspräsidenten erhielt der Deutsche Eugen Schuhmacher für den schönsten Tierfilm „Der Wappenvogel“, die Goldmedaille des Senats Colin Low und Wolf König für den Film aus der kanadischen Goldgräberzeit, „La Capitale de l'or“. Den Großen Preis der Stadt Trient erhielt Carlo Bolla für den Film „La Grande Barriera“, der im Korallengürtel vor dem australischen Queensland inszeniert wurde.

Weitere Filme zeigten die. Jagd bei Bantu-stämmen, „The Hunters“, USA, mehrere boten Aufnahmen buddhistischer Bräuche, andere von amerikanischen Hochgebirgen, die Russen zeigten Aufnahmen vom Kaukasus und Pamir usw.

Wie bereits im Vorjahr, so ergab sich noch betonter 1958, daß endlich einmal von den Veranstaltern klar definiert werden muß, was als „Forschungsfilm“, zum Unterschied von dem „Kulturfilm“, bezeichnet werden darf. Deutlich fühlte man im ganzen Ablauf die Krise in der Sinngebung und Ausrichtung der Veranstaltung, die vom Ausgangspunkt „Bergfilm“ etwas abgekommen ist. Die Klärung ist um so erwünschter, als die in Trient veranstalteten Internationalen Festwochen für Berg- und Forschungsfilme eine schöne Aufgabe erfüllen.

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