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Amateur-Lyrik

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DAS HAUS, IN DEM WIR WOHNEN. Von Max Barth 1. — HORCH, EINE TIEFE SAITE SINGT. Von Gottfried Kapp. — BIN TOLL AUF DICH, WELT. Von Rolf 11 a-liaander. — HINTER DEM GITTER MEINER HÄNDE. Von Gisela Flak. — GEGEN EIS UND FLUT. Von Angelika Meente 1. — UNTERM VERSCHLEIERTEN MOND. Von Hans Brandenburg. — STIMME AUS NACHT UND GEWISSEN. Von Elisabeth Lichtenfels. — IM SCHATTEN DEINER FLÜGEL. Von Ilse van Hejit. — AUCH KIEFERNWÄLDER SIND EIN GROSSER GESANG. Von Werner Philipps. — AUFSTAND DER DISTELN. Von Hans K. Wehren. Ausgaben der „Vier-Groschen-Bogen“ im Verlag „Kreis der Freunde“, Dülmen in Westfalen. Einzelpreis 0,60 DM.

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DAS HAUS, IN DEM WIR WOHNEN. Von Max Barth 1. — HORCH, EINE TIEFE SAITE SINGT. Von Gottfried Kapp. — BIN TOLL AUF DICH, WELT. Von Rolf 11 a-liaander. — HINTER DEM GITTER MEINER HÄNDE. Von Gisela Flak. — GEGEN EIS UND FLUT. Von Angelika Meente 1. — UNTERM VERSCHLEIERTEN MOND. Von Hans Brandenburg. — STIMME AUS NACHT UND GEWISSEN. Von Elisabeth Lichtenfels. — IM SCHATTEN DEINER FLÜGEL. Von Ilse van Hejit. — AUCH KIEFERNWÄLDER SIND EIN GROSSER GESANG. Von Werner Philipps. — AUFSTAND DER DISTELN. Von Hans K. Wehren. Ausgaben der „Vier-Groschen-Bogen“ im Verlag „Kreis der Freunde“, Dülmen in Westfalen. Einzelpreis 0,60 DM.

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Auf keinem Gebiet der gegenwärtigen Literatur ist die Diskrepanz zwischen dem, was geschaffen wird, und dem, was gekauft und gelesen wird, so groß, wie auf dem der Lyrik. Gleichgültigkeit, Spott, manchmal Zorn sind die Reaktionen der Mitwelt. Aber in diesem Uberangebot an Versen offenbart sich ein sprachbiologisches Gesetz. Für eine lebensfähige Mutation sind hunderttausend vortastende Mutanten notwendig.

Schon aus diesem Grunde schätze man die Amateurlyrik nicht gering. Man schätze sie aber nicht nur für ihr Bemühen, sondern auch für eine Reihe echter literarischer Leistungen. Nicht der Hochmut vornehmer Esoterik kann die Lyrik zu neuer Blüte bringen. Das geduldige und beständige Pflegen von Talenten wird eher belohnt werden. Wenn gleichzeitig, wie im Fall der „Vier-Groschen-Bogen“, der Lyrik ein größeres Publikum erschlossen wird, ist schon viel getan. Vorbild dieses Unternehmens dürften die „Blätter für die Dichtung“ des Ellermann-Verlages sein. Wie manche von diesen, die einst noch unbekannte Dichter publizierten, könnten auch die Drucke aus dem „Kreis der Freunde“ einmal zu den bibliophilen Kostbarkeiten gehören. Sammler seien hiermit aufmerksam gemacht.

In dem reichhaltigen Programm stehen einige, ein wenig vergessene Autoren neben Neuentdeckungen.In der Reihe findet sich kein Kitsch, keine Heimatlyrik obdachloser Barden, kein gereimter Damenklatsch. Man begegnet oft der modernen, frei rhythmisierten Strophe. Im Thema spürt man die Gebundenheit an Landschaften, an Familien, Traditionen, vielleicht bürgerliche Sehnsüchte. Natur vermittelt Erlebnisse. Heimweh ist da und Flucht. Musik, Liebe und Herz klingen an. Die großen Enttäuschungen, aber nicht im ekelerregenden Hafenquallenschlamm, sondern in etwas frischerer Luft. Angelika Mechtel, 21 Jahre alt, die jüngste des Autorenkreises, stehe mit ihrem Gedicht „Überschall“ als Typus für die Art dieser Lyrik:

„Fisch, gegen Flut.

Die Vogelbrut

Ist noch nicht reif.

Am Hang hängt heut'

Der gleiche Winterfrost.

Im Tag zuvor

Verlor

Ein Vogel seinen Flügel Dort.

Am Überschall zerbarst Sein Lied

Im Flug von Hang zu Hang.

Drum steht der Fisch noch

Gegen Eis und Flut,

Und Vopelbrut

Ist noch nicht reif.

Ein Federflug zersplittert

Morgen schon

Am Flügel seines Bruders.

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